An der Grenze zwischen Afghanistan und Pakistan bebt die Erde, mindestens 1.000 Menschen sterben, weitere Opfer werden befürchtet. Berlin sichert dem afghanischen Volk Hilfe zu.
Nach dem verheerenden Erdbeben in der afghanisch-pakistanischen Grenzregion dauern die Rettungsarbeiten an. Mindestens 1.000 Tote und 1.500 Verletzte beklagten die Behörden, wie die staatliche Nachrichtenagentur Bakhtar meldete. Das bergige Terrain und Regen in der Nacht erschweren die Rettungsarbeiten
In den Unglücksgebieten gruben Helfer unterdessen Massengräber aus. Das gewaltige Beben hatte zahlreiche Bewohner am frühen Mittwochmorgen aufgeschreckt.
Hilfsorganisationen versprechen Unterstützung
Mehrere Hilfsorganisationen sicherten dem Land Unterstützung zu. "Es wird erwartet, dass die Zahl der Opfer noch steigen wird, da die Such- und Rettungsmaßnahmen noch andauern", teilte das UN-Nothilfebüro (OCHA) mit.
UN-Generalsekretär António Guterres sprach den Opfern sein Beileid aus. "Das Erdbeben in Afghanistan erschüttert ein Land, in dem rund 20 Millionen Menschen nicht mehr wissen, wie sich ernähren sollen", sagte der Welthungerhilfe-Landesdirektor in Kabul, Thomas ten Boer.
Viele Gebäude nicht erdbebensicher
Die Taliban-Führung sprach den Opfern ihr Mitgefühl und Beileid aus. Nach Angaben von OCHA wurden bis zu 1.800 Häuser in den betroffenen Provinzen zerstört. Afghanische Medien berichteten, ein Dorf sei komplett zerstört worden. Die Bauweise in der armen und wirtschaftlich schwachen Region ist aus Kostengründen nicht erdbebensicher, viele Familien leben dicht zusammen.
Erschwert wurden die Rettungsarbeiten durch den schlechten Zugang zur abgelegenen Bergregion. Die militant-islamistischen Taliban, die seit August 2021 wieder in Afghanistan herrschen, riefen eine Notsitzung des Kabinetts zusammen. Mehrere Hubschrauber wurden in die Unglücksregion geschickt, um den Menschen vor Ort zu helfen. Ein Regierungssprecher rief Hilfsorganisationen zur Unterstützung auf. Bereits am Mittwoch trafen Helfer des Roten Halbmonds ein.
Die Bundesregierung äußerte sich betroffen über die Ereignisse und sicherte dem afghanischen Volk humanitäre Hilfe zu. Auch wenn Deutschland das Taliban-Regime in Afghanistan nicht anerkenne, so werde die Bundesregierung das Land auch weiter im Rahmen der humanitären Hilfe unterstützen, versicherte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Einen Kondolenzbrief habe die Bundesregierung der Taliban aber nicht zukommen lassen, da es dort auch keinen Ansprechpartner gebe.
Erdbeben der Stärke 5.9
Die US-Erdbebenwarte (USGS) vermeldete für das Beben die Stärke 5.9 sowie ein etwas schwächeres Nachbeben. Demnach befand sich das Zentrum des Bebens rund 50 Kilometer südwestlich der Stadt Chost nahe der Grenze zu Pakistan in rund zehn Kilometern Tiefe. Pakistanische Behörden hatten das Beben mit einer Stärke von 6.1 registriert.
Pakistanischen Angaben zufolge waren die Erschütterungen in weiten Teilen des angrenzenden Landes - so auch in der Hauptstadt Islamabad und selbst in Lahore im Osten des Landes - zu spüren. Mancherorts brach Panik aus, über Schäden oder Verletzte in Pakistan war nach ersten Angaben jedoch nichts bekannt. Pakistans Premierminister Shehbaz Sharif drückte im Internet seine Betroffenheit aus und stellte Hilfe für die Menschen im Nachbarland in Aussicht.
Die Taliban haben nach dem schweren Beben internationale Hilfe angefordert: ZDF-Korrespondent Brase mit einer Einschätzung der Situation vor Ort:
Beben in der Region häufig
Immer wieder kommt es zu schweren Erdbeben in der Region am Hindukusch und den Nachbarländern, wo die Arabische, die Indische und die Eurasische Platte aufeinander treffen. 1998 erschütterte ein Beben den Norden Afghanistans, mehrere Tausend Menschen starben.
In Pakistan starben 2005 bei einem gewaltigen Erdbeben mehr als 75.000 Menschen, über 3,5 Millionen Menschen wurden obdachlos. Im Nachbarland Iran starben bei einem Beben 2003 mehr als 40.000 Menschen, die historische Stadt Bam wurde größtenteils zerstört.
Schwierige humanitäre Lage
Zu dem Beben kommt nun, dass die humanitäre Lage in Afghanistan infolge des Abzugs der westlichen Truppen und der Machtübernahme der radikalislamischen Taliban vor knapp einem Jahr ohnehin katastrophal ist. Es fehlt etwa an Lebensmitteln und Medikamenten.
Nach Angaben von Hilfsorganisationen und den Vereinten Nationen benötigt Afghanistan Milliardensummen, um die humanitäre Lage zu stabilisieren. Hilfsorganisationen mahnen außerdem seit längerem an, dass das Land bessere Vorkehrungen für Katastrophen wie Erdbeben, Überschwemmungen und Erdrutsche treffen müsse.
Mehr zur politischen Lage in Afghanistan:
Der Abzug aus Afghanistan wird für den Westen zur Demütigung. Am Ende geht es nur noch darum, möglichst viele einheimische Helfer vor den Taliban in Sicherheit zu bringen.