Paukenerguss: Warum das Hören plötzlich schwerfallen kann

    Paukenerguss: Flüssigkeit im Ohr:Warum das Hören plötzlich schwerfallen kann

    von Markus Böhle
    08.01.2023 | 13:08
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    Die Erkältungswelle hält an. Dadurch erkranken auch mehr Menschen an einem Paukenerguss. Warum Kinder häufiger betroffen sind als Erwachsene und was wirklich dagegen hilft.

    HNO-Fachärztin untersucht mit einem Mikroskop das Ohr einer Patientin, aufgenommen am 08.04.2022 in München,
    Ohruntersuchung beim HNO-Arzt (Archivfoto)
    Quelle: imago

    Deutschland schnupft und hustet sich durch den Winter. Wenn dann plötzlich das Hörvermögen nachlässt, könnte ein Paukenerguss dahinterstecken. Vor allem Kleinkinder erkranken oft daran. Am Anfang hilft in der Regel abwarten oder eine medikamentöse Therapie, zum Beispiel mit Nasentropfen oder -sprays. Besteht ein Paukenerguss länger als drei Monate, raten Ärzte öfter zu einer Operation.
    Bei Kleinkindern kann die anatomisch enge Verbindung zwischen Rachenraum und Mittelohr anschwellen und die Belüftung des Mittelohrs einschränken. Es bildet sich eine dünne oder zähe Flüssigkeit: Der Paukenerguss - mehr dazu im Video:
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    Was ist ein Paukenerguss?

    Ein Paukenerguss ist eine Flüssigkeitsansammlung im Mittelohr, in der Paukenhöhle. Er entsteht durch mangelnde Belüftung. Dann funktioniert der normale Druckausgleich nicht mehr, das Trommelfell zieht sich ein und kann nicht mehr ungehindert schwingen. Menschen mit einem Paukenerguss hören deswegen schlechter. Der Hörverlust variiert von wenigen Dezibel bis 50 Dezibel mit einem mittleren Hörverlust von 20 bis 30 Dezibel. Zusätzlich ist oft ein Druckgefühl wahrnehmbar, das sich anfühlt wie "Watte im Ohr".
    Der normale Druckausgleich im Ohr funktioniert über die Eustachische Röhre, die Ohrtrompete. Sie verbindet das Mittelohr mit dem Nasen-Rachenraum. Ist diese verlegt, bildet sich im Ohr vermehrt ein schleimiger, nicht entzündlicher Erguss, der nicht mehr in den Nasenrachen abfließen kann.

    • Akute Infekte der oberen Atemwege,
    • Allergien,
    • vergrößerte oder entzündete Rachenmandeln bei Kindern oder
    • eine verkrümmte Nasen-Scheidewand.

    Sehr selten können auch gut- oder bösartige Tumore im Nasen-Rachenraum eine Ursache sein.

    Können auch Erwachsene erkranken? 

    Auch bei Erwachsenen kann sich Flüssigkeit im Ohr ansammeln. Rund 80 Prozent aller Kinder erkranken bereits vor dem Schulalter mindestens einmal an einem Paukenerguss. Bei Erwachsenen passiert das viel seltener.

    Bei Kleinkindern kann die Ohrtrompete, der Belüftungsgang zwischen Rachenraum und luftgefülltem Mittelohr, im Rahmen von Infekten schneller zuschwellen. Sie ist deutlich kürzer und verläuft horizontaler.

    Dr. Dominik Brors, Facharzt für HNO-Heilkunde aus Paderborn

    Kleinkinder haben laut Dominik Brors außerdem öfter vergrößerte Rachenmandeln, die ebenfalls anschwellen und Paukenergüsse fördern können. Und: Sie erkranken viel häufiger an Atemwegsinfekten. Im Durchschnitt etwa acht Mal pro Jahr, während das bei Erwachsenem im Durchschnitt nur zwei bis fünf Mal pro Jahr der Fall ist.
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    Zu Beginn der Erkrankung spüren Betroffene oft einen Druck auf dem Ohr. Dann entwickelt sich eine Hörstörung und gelegentlich auch Ohrgeräusche oder Schwindel. Bei Kleinkindern bleibt ein Paukenerguss oft lange unbemerkt.

    • Hat das Kind ständig eine laufende Nase, atmet viel durch den Mund und schnarcht? 
    • Reagiert das Kind normal auf leise Geräusche und Stimmen? 
    • Fasst sich das Kind manchmal an die Ohren? 
    • Schlechtes Hörvermögen kann auf Dauer die Sprachentwicklung stören: Spricht das Kind weniger deutlich, auffällig laut oder mit Sprachfehlern wie zum Beispiel Lispeln?

    Wie werden Paukenergüsse behandelt?

    Ein frischer Paukenerguss heilt oft von alleine aus. Wenn nicht, erfolgt die Behandlung entsprechend der Ursache, durch: 
    • abschwellende Nasentropfen bei akuten Infekten,
    • kortisonhaltige Nasensprays bei allergischen Reaktionen,
    • eine Entfernung vergrößerter Rachenmandeln bei Kindern,
    • nasales Aufblasen spezieller Luftballons um die Ohrtrompete zu öffnen 
    • operative Korrektur der Nasenscheidewand oder
    • operative Behandlung bei chronischen Ergüssen nach mehr als drei Monaten.
    Durch einen Paukenerguss kann sich das Mittelohr chronisch infizieren und das Hörvermögen dauerhaft Schaden nehmen. Außerdem kann die kindliche Entwicklung durch den Hörverlust beeinträchtigt werden, insbesondere die Sprachentwicklung. Ärzte empfehlen deshalb gerade bei Kleinkindern oft nach ungefähr drei Monaten eine Operation.

    Wenn Kinder da sind, bei denen wir über einen langen Zeitraum immer wieder Ergüsse sehen, ohne dass die sich wesentlich verändern, dann würden wir doch irgendwann zur Operation raten.

    Dr. Dominik Brors, Facharzt für HNO-Heilkunde aus Paderborn

    Was passiert bei der Operation?  

    Bei Kindern machen die Ärzte meist unter kurzer Vollnarkose einen kleinen Schnitt ins Trommelfell (Parazentese) und saugen den Erguss dahinter ab. Sind die Rachenmandeln vergrößert und die Kinder atmen viel über den Mund und schnarchen, werden diese eventuell gleich mitentfernt (Adenotomie).
    Bei Kindern werden bei der Operation oft noch winzige Paukenröhrchen ins Trommelfell eingesetzt. Dadurch soll die Flüssigkeit länger und besser abfließen. Sie fallen nach einiger Zeit entweder selbst heraus, oder werden vom Arzt entfernt. Danach heilt das Trommelfell in der Regel wieder problemlos zu.
    Solange die Paukenröhrchen eingesetzt sind, sollten Kinder möglichst aufs Tauchen verzichten. Der Eingriff gilt als risikoarm, geht aber gegebenenfalls mit den üblichen Risiken einer Vollnarkose einher. Bleibende Verletzungen im Bereich des Trommelfells oder des Mittelohrs sind sehr selten. Auch zu Nachblutungen kommt es selten.  
    Verwendete Quellen:

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