"Willkürlich und intransparent" nennt ein Experte den Umgang des Kölner Kardinals mit einem millionenschweren Sonderfonds. Die Skandale im Erzbistum nehmen zu.
Lange und aufwändig wurde sie renoviert, nun steht sie da wie eine Trutzburg in einem der besten Stadtviertel Kölns: Die KHKT, die Kölner Hochschule für katholische Theologie. Rund 80 Priester werden derzeit hier ausgebildet. Es ist ein Lieblingsprojekt des Kölner Kardinals Rainer Maria Woelki.
Eigentlich gibt es ausreichend theologische Hochschulen im Land, aber diese wird von der "Stiftung zur Förderung von Bildung, Wissenschaft und Forschung im Erzbistum Köln" finanziert. Heißt: Sie untersteht voll und ganz dem Kölner Erzbischof Woelki, und damit seiner theologischen Ausrichtung.
Woelki entscheidet persönlich über millionenschweren Sonderfonds
1,2 Millionen Euro hatte das Erzbistum für die Anschubfinanzierung eigentlich veranlagt, nun hat sich die Summe knapp verdreifacht. Das Geld für die Universität kommt aus dem sogenannten "BB-Fonds", dem Fonds für "Bedürfnisse des Bistums". Er wurde in den 50er Jahren eingerichtet, Priester mussten dafür eine Abgabe leisten.
2019 waren nach Angaben des Bistums 26,3 Millionen Euro in dem Fonds, 2020 nur noch 16,8 Millionen. Genaue Angaben über die ausgegebenen rund 10 Millionen Euro macht das Bistum nicht. Über die Verwendung der Mittel entscheidet der Kardinal persönlich, größere Summen müssen eigentlich die zuständigen Gremien des Bistums genehmigen.
Auch Entschädigungen für Missbrauchsopfer sollen aus Sonderfonds kommen
Ein interessanter Topf, dessen Vermögen unter Woelki schmilzt wie Schnee in der Sonne. Der BB-Fonds ist nämlich auch vorgesehen für die Entschädigungen der Missbrauchsopfer, rund sechs Millionen Euro hat das Bistum dafür zurückgestellt.
- Missbrauch in der katholischen Kirche
Die römisch-katholische Kirche wird in ihren Reihen vom jahrzehntelangen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen erschüttert. Die Aufarbeitung ist umstritten.
Bezahlt wurden aus diesem Sondervermögen auch die rund 2,8 Millionen Euro teuren Missbrauchs-Gutachten und die damit verbundene Krisen-PR. Das Erzbistum selbst hat zugegeben, dass bei der Auftragserteilung für die Gutachten die entsprechenden Gremien wohl nicht einbezogen wurden.
Der Vorgang wird derzeit von Kirchenrechtlern geprüft. Der Papst hat verfügt, dass die Aufklärung dieser Vorfälle vom Kardinal selber vorgenommen werden solle. Woelki überprüft sein Finanzgebaren damit also in gewisser Weise selbst.
Journalist Frank: Finanztopf ist das "Geld der Gläubigen"
Die bisher bekannten Hintergründe rund um den Fonds hat der Kölner Journalist Joachim Frank vom "Kölner Stadt-Anzeiger" aufgeklärt. Immer wieder beschäftigt er sich mit den Vorgängen im Erzbistum. Der Umgang Woelkis mit dem Geld ärgert ihn:
Woelki begleicht 1,15 Millionen Euro Schulden eines Priesters
Nun könnte der Fonds - vor allem wegen der kostspieligen Hochschule - endlich sein. Dazu hat Frank auch aufgedeckt, dass das Erzbistum mit Fondsgeldern für die Schulden eines Priesters aufgekommen ist. Mit insgesamt 1,15 Millionen Euro ist die Kirche für ihren Angestellten eingestanden.
Eine Zustimmung der Gremien war nicht notwendig, sagt das Bistum. Ein "Geschmäckle" hat die Millionensumme aber auf jeden Fall. So bekommt ein Missbrauchsopfer im Durchschnitt "nur" rund 20.000 Euro Entschädigung. Das Erzbistum Köln spricht von einem "unvergleichbaren Einzelfall".
Kirchenrechtler: Umgang mit Fonds ist "willkürlich und intransparent"
Auch der Kirchenrechtler Professor Thomas Schüller aus Münster ist entsetzt über das Finanzgebaren am Dom: Der Umgang mit diesem Sondervermögen, so sagt er, sei absolut "willkürlich und intransparent". Und es sei "höchste Zeit, dass dieses Verhalten unabhängig aufgearbeitet und aufgeklärt werde.
Möglicherweise, so Schüller, müsse dann der Kardinal auch rechtliche Konsequenzen ziehen. Rainer Maria Woelki hat dem Papst ja bereits seinen Rücktritt angeboten. Die Entscheidung darüber könnte im Mai fallen.
Ina Baltes ist Reporterin im ZDF-Studio Nordrhein-Westfalen.