Zusammenstöße in Jerusalem: EU und USA haben sich entsetzt über den israelischen Polizeieinsatz bei der Bestattung der erschossenen Reporterin Schirin Abu Akleh gezeigt.
Die EU und die USA haben den israelischen Polizeieinsatz bei der Bestattung der erschossenen Al-Dschasira-Reporterin Schirin Abu Akle scharf kritisiert. Auch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) zeigte sich am Samstag "zutiefst erschüttert". Bei dem Polizeieinsatz waren am Freitag mehr als 30 Menschen verletzt worden, der Sarg der Journalistin stürzte in dem Tumult fast zu Boden. Nach wie vor ist ungeklärt, wer den tödlichen Schuss auf die Reporterin abfeuerte.
Die 51-jährige Abu Akle war am Mittwoch bei der Berichterstattung über einen israelischen Militäreinsatz in Dschenin im besetzten Westjordanland von einer Kugel in den Kopf getroffen worden. Sie hatte eine kugelsichere Weste mit der Aufschrift "Presse" getragen.
Ausschreitungen in Jerusalem während Trauerzug
Zu Abu Akles Beerdigung in ihrer Geburtsstadt Jerusalem kamen am Freitag tausende Menschen. Als ihr Sarg aus einem Krankenhaus im von Israel annektierten Ost-Teil der Stadt herausgetragen wurde, stürmten israelische Polizisten auf Teilnehmer des Trauerzugs zu, um palästinensische Fahnen zu konfiszieren. Der Staat Israel verbietet das öffentliche Zeigen palästinensischer Flaggen.
ZDF-Israel-Korrespondent Michael Bewerunge schildert die Szenen auf der Beerdigung als "unwürdig":
Aufnahmen des Senders Palestine TV zeigten, dass der Sarg beinahe zu Boden fiel, als die Polizisten die Menschen auseinander trieben. Die israelische Polizei erklärte, sie sei zum Eingreifen gezwungen gewesen, weil "Randalierer" versucht hätten, "den Verlauf der Beisetzung zu stören".
Großes Entsetzen in der EU und den USA
Die EU zeigte sich "entsetzt" und verurteilte in einer Erklärung die "unverhältnismäßige Gewalt" und das "respektlose Verhalten" der Polizisten. Baerbock nannte es "traurig", dass die Bestattung der Reporterin "nicht in Frieden und in Würde stattfinden konnte".
US-Außenminister Antony Blinken zeigte sich "zutiefst beunruhigt". Die Sprecherin von US-Präsident Joe Biden, Jen Psaki, sprach von "zutiefst verstörenden" Bildern. Auch UN-Generalsekretär António Guterres reagierte "zutiefst beunruhigt" auf die Gewalt.
Unklar, woher tödlicher Schuss auf Abu Akle kam
Am Samstag ordnete der Chef der israelischen Polizei eine Untersuchung des Einsatzes an. Der Polizeichef habe in Abstimmung mit dem Minister für öffentliche Sicherheit angeordnet, den Vorfall bei dem Trauerzug zu untersuchen, erklärte die Polizei. Für den tödlichen Schuss auf Abu Akle hatten sich Israel und die Palästinenser zunächst gegenseitig verantwortlich gemacht. Später räumte Israel dann ein, die Reporterin könnte auch durch einen Schuss von israelischer Seite getötet worden sein.
Warum die Stimmung zwischen Israelis und Palästinensern gerade so angespannt ist, erklärt ZDF-Korrespondent Michael Bewerunge:
UN-Sicherheitsrat verurteilt gewaltsamen Tod
Laut einem von der israelischen Armee veröffentlichten Zwischenbericht zu den Ermittlungen "ist es nicht möglich, die Herkunft des Schusses zu bestimmen". Die Korrespondentin sei entweder durch palästinensisches Streufeuer gestorben oder durch einen israelischen Scharfschützen, der militante Palästinenser ins Visier genommen habe.
Israel hat gemeinsame Ermittlungen und die Herausgabe der tödlichen Kugel für eine gerichtsmedizinische Untersuchung gefordert. Die Palästinenserbehörde lehnt dies ab.
Der UN-Sicherheitsrat verurteilte in einer einstimmig verabschiedeten Erklärung den gewaltsamen Tod der Journalistin und forderte "eine sofortige, gründliche, transparente und unparteiische Untersuchung".