Kindern von Flüchtlingen steht selbst ein Flüchtlingsstatus zu - auch wenn sie in der EU geboren und in einem Land leben, in dem sie nicht verfolgt werden. Das entschied der EuGH.
Kindern von anerkannten Flüchtlingen steht nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) selbst ein Flüchtlingsstatus zu. So könne der einem Elternteil zuerkannte Flüchtlingsstatus automatisch auf ein minderjähriges Kind übertragen werden, auch wenn das Kind in einem EU-Staat geboren wurde und über den anderen Elternteil die Staatsangehörigkeit eines dritten Landes besitzt, in dem ihm keine Verfolgung droht, entschied der Gerichtshof am Dienstag in Luxemburg.
Allerdings dürfe das Kind dadurch nicht schlechter gestellt werden. Dies könnte etwa dann der Fall sein, wenn das Kind aufgrund seiner anderen Staatsangehörigkeit Anspruch auf eine bessere Behandlung hätte als diejenige, die sich aus der Flüchtlingseigenschaft ergibt. (Az. C-91/20)
Mutter aus Tunesien, Vater aus Syrien
Im konkreten Fall ging es um ein 2017 in Deutschland geborenes Mädchen, das die Staatsbürgerschaft seiner tunesischen Mutter hat. In Tunesien drohe ihm keine Verfolgung, so der EuGH. Der Vater ist Syrer und seit 2015 als Flüchtling anerkannt. Einen Antrag auf Anerkennung als Flüchtling für das Mädchen lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ab.
Im sich anschließenden Rechtsstreit machte das Bundesverwaltungsgericht klar, dass das Kind wenn überhaupt nur einen vom Vater abgeleiteten Flüchtlingsstatus erhalten könne. Das deutsche Gericht war aber unsicher, ob diese Möglichkeit mit dem EU-Recht vereinbar ist. Dies bejahte nun der EuGH.
Schutz der Familie im Asylverfahren.
Der Europäische Gerichtshof wies zugleich darauf hin, dass das Kind in der Situation zwar nicht die Voraussetzungen erfülle, um selbst als Flüchtling anerkannt zu werden, weil es in Tunesien Schutz erlangen könne. Mit Blick auf den Schutz der Familie im Asylverfahren erfülle die Tochter als minderjähriges, lediges Kind eines als Flüchtling anerkannten Elternteils aber die Voraussetzungen für die Zuerkennung der abgeleiteten Flüchtlingseigenschaft.