Rechtslage zu Krawallen: Böllerverbote und härtere Strafen?

    FAQ

    Rechtslage zu Krawallen:Silvester-Chaos: Welche Strafen sind möglich?

    von Jan Henrich
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    Nach den gewaltsamen Übergriffen auf Rettungskräfte in der Silvesternacht werden Rufe nach einem harten Durchgreifen lauter. Welche Strafen gelten und welche Verbote sind möglich?

    Berlin: Feuerwehrmänner löschen an der Sonnenallee einen Reisebus, der von Unbekannten angezündet worden war.
    Berlin: Feuerwehrmänner löschen an der Sonnenallee einen Reisebus, der von Unbekannten angezündet worden war.
    Quelle: Paul Zinken/dpa

    Die Vorkommnisse sorgen für Empörung: In Berlin und anderen Städten waren Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr angegriffen und mit Pyrotechnik beschossen worden. Welche Strafen den Tätern drohen und wie es um mögliche Böllerverbote steht. Ein Überblick.

    Wie ist die Rechtslage bei Angriffen auf Einsatzkräfte?

    Nach Angaben der Polizei wurden allein in der Hauptstadt bis in die Morgenstunden über 100 Personen festgenommen und zahlreiche Ermittlungsverfahren eingeleitet. Dabei stehen gleich mehrere mögliche Straftaten im Raum. Unter anderem wegen Brandstiftungs- und Körperverletzungsdelikten, Verstößen gegen das Sprengstoffgesetz und Landfriedensbruchs.
    Zudem wird wegen sogenannten "tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte" ermittelt. Der eigens zum Schutz von Einsatzkräften geschaffene Straftatbestand geht auf eine Gesetzesverschärfung aus dem Jahr 2017 zurück. Umfasst sind dabei nicht nur Polizeibeamte, sondern beispielsweise auch Kräfte der Feuerwehr oder der Rettungsdienste.
    Flammen und Böller auf einer Straße. Mehrere Menschen stehen mit dem Handy filmend davor.
    In der Silvesternacht wurden in einigen deutschen Städten Feuerwehr- und Polizeikräfte mit Böllern angegriffen. Besonders in Berlin herrschten chaotische Zustände. Einsatzkräfte fordern Konsequenzen.02.01.2023 | 1:38 min

    Welche Strafen drohen den Tätern?

    Bis zu fünf Jahre Haft können seitdem für solche Angriffe verhängt werden. Das Gesetz sieht zudem eine Mindestfreiheitsstrafe von drei Monaten vor. Tätlichkeiten gegen Polizeibeamte sind damit höher bestraft als gewöhnliche Körperverletzungen.
    Vor der Gesetzesverschärfung galt eine besondere Strafandrohung nur für Angriffe während Vollstreckungshandlungen wie etwa Festnahmen. Mit der Änderung wurden jegliche Diensthandlungen umfasst, also auch die Fahrt zu Einsatzorten.
    Hinzu kommt, dass Feuerwerkskörper teilweise als "gefährliches Werkzeug" eingestuft werden. Werden Einsatzkräfte damit angegriffen, droht eine Mindeststrafe von sechs Monaten Haft.

    Was bringen Strafschärfungen?

    Nach der Silvesternacht wurden Rufe nach härteren Strafen laut. Doch deren abschreckende Wirkung ist eher zweifelhaft. Seit der letzten Strafverschärfung von 2017 ist kein Rückgang bei der Zahl der Angriffe auf Einsatzkräfte zu verzeichnen. Im Gegenteil: Die registrierten Gewalttaten gegen Polizeibeamte sind in den vergangenen Jahren gestiegen, zuletzt 2021 um 689 Fälle auf 39.649. Nach Angaben des Bundesinnenministeriums ein neuer Höchstwert.
    Als Reaktion auf die Angriffe verlangte die Gewerkschaft der Polizei Berlin daher in erster Linie eine konsequentere Verfolgung der Taten und sprach sich zudem für ein allgemeines Böllerverbot aus.

    Kann privates Feuerwerk komplett verboten werden?

    Sowohl der Verkauf, als auch der Umgang mit Feuerwerk sind in bundesweit geltenden Gesetzen und Verordnungen geregelt. Der Bund hatte sich in den Jahren 2020 und 2021 mit den Ländern auf ein generelles Verkaufsverbot für privates Feuerwerk geeinigt, mit Blick auf die Corona-Pandemie bereits.
    Mehrere Pyrotechnik-Hersteller hatten damals erfolglos gegen eine entsprechende Regelung geklagt. Die Gerichte sahen durch das generelle Verbot zwar einen Eingriff in Grundrechte, der sei allerdings zulässig, um eine Überlastung der Krankenhäuser während der Corona-Pandemie zu vermeiden.
    Ob sich ein solches Verbot auch ohne Pandemie rechtfertigen lässt, ist allerdings noch offen.

    Welche lokalen Böllerverbote bestehen?

    Städte und Gemeinden können zumindest lokale Verbotszonen für Pyrotechnik einrichten. Zahlreiche Städte hatten von der Möglichkeit auch dieses Jahr Gebrauch gemacht, unter anderem Hamburg rund um die Binnenalster oder in Köln um den Dom. Auch in Berlin gab es drei solcher Verbotszonen: am Alexanderplatz, im Steinmetzkiez in Schöneberg sowie in den Straßenzügen rund um die Justizvollzugsanstalt Moabit. Nach Angaben der Berliner Polizei hätten die Zonen auch Wirkung gezeigt. Es seien "keine besonderen Vorkommnisse" verzeichnet worden.
    Unabhängig von Verbotszonen darf zu Silvester auch sonst nicht überall geböllert werden. Das Abbrennen von Feuerwerk ist unter anderem in unmittelbarer Nähe von Kirchen, Krankenhäusern oder Altenheimen grundsätzlich nicht erlaubt.
    Jan Henrich ist Redakteur in der ZDF-Redaktion Recht und Justiz.

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