Foodsharing: Verein kämpft gegen Lebensmittelverschwendung

    Neue Regeln gefordert:Verein kämpft gegen Lebensmittelverschwendung

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    Ungefähr 83.000 Tonnen Lebensmittel wurden in den vergangenen zehn Jahren vor dem Wegwerfen durch den Verein Foodsharing gerettet. Der Verein fordert neue Regeln für Supermärkte.

    Belegte Brötchen, ganze Brote, Gemüse und Konserven stehen in einer Seitenkapelle der Kirche St. Aposteln in Frankfurt am Main zur Abholung bereit - Lebensmittel, die im Müll gelandet wären, hätten nicht Mitglieder des Vereins Foodsharing zugegriffen. Der Verein engagiert sich bundesweit bei der Verteilung noch genießbarer Lebensmittel. Dazu holen die Mitglieder übrig gebliebene und aussortierte Ware bei Supermärkten oder Bäckereien ab.
    In Frankfurt wächst die Zahl der Engagierten von Woche zu Woche, wie die örtliche Vereinsvorsitzende Lisa Villioth sagt. Rund 840 seien es derzeit. Mit mehr als 160 Betrieben gebe es Kooperationen zur Abholung von Waren.
    Die Verteilung läuft über Gruppen in sozialen Netzwerken und über offene Kühlschränke - wie denjenigen in der Kirche im Frankfurter Süden. Lebensmittel abholen kann hier jede und jeder, sagt Bettina Rupp, die das Projekt von Seite der Pfarrei betreut. Meist kämen Menschen aus der Nachbarschaft.
    Auf dem Bild sind zwei Frauen zu sehen, welche eine Foodsharing-Box auffüllen.
    Das Essen aus dem Müll nehmen, das sogenannte Containern, ist strafbar. Ernährungsminister Cem Özdemir will das künftig erlauben.30.01.2023 | 2:00 min

    Foodsharing kritisiert Wegwerfen

    Villioth kritisiert den Umgang mit Lebensmitteln. "Das ganze System ist verrückt", sagt die 35-Jährige. Sie verweist dabei etwa auf die riesige Menge an Lebensmitteln, die nach Ladenschluss im Einzelhandel regelmäßig im Müll lande - weil auch leicht verderbliche Waren in großer Auswahl bis zuletzt angeboten würden.
    Foodsharing Frankfurt habe seit der Gründung vor neun Jahren mehr als 1.700 Tonnen Lebensmittel vor dem Wegwerfen gerettet. Bundesweit, in der Schweiz und in Österreich führte die Organisation Ende vergangenen Jahres die Menge von 83.000 Tonnen seit ihrer Gründung zehn Jahre zuvor an.
    "Das ist super", sagt Ulrich Jürgens vom Geographischen Institut in Kiel über Foodsharing. Die Lebensmittel würden in der Regel mit viel Liebe gesammelt, sagt der Professor, der zu Lebensmittelverschwendung forscht. Angesichts Millionen Tonnen weggeworfener Nahrung pro Jahr handele es sich jedoch um einen Tropfen auf den heißen Stein.

    Obst, Gemüse und Brot landen oft im Abfall

    In Deutschland wurden nach Zahlen des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft 2020 etwa elf Millionen Tonnen Lebensmittel weggeworfen. Der Großteil entstehe in privaten Haushalten, danach kämen Handel und Verarbeitung. Besonders Obst, Gemüse und Brot landen häufig in der Tonne.
    Die Plattform Too Good To Go (TGTG) bringt Bäckereien, Supermärkte oder Restaurants mit Verbrauchern zusammen. Die Betriebe schätzen während des Tages ab, wie viel später übrig bleibt. Kunden reservieren per App eine sogenannte Magic Bag und zahlen ein Drittel des ursprünglichen Preises. 17.000 Partnerbetriebe und rund 9,4 Millionen Nutzer sind bei der Plattform registriert.
    lebensmittel in einer muelltonne
    Elf Millionen Tonnen Lebensmittel landen bei uns jährlich im Müll. Die Politik reagiert mit neuen Konzepten, der Länderspiegel zeigt, wie Restaurants, Supermärkte und Verbraucher schon jetzt Lebensmittel vor der Tonne retten.23.02.2019 | 4:12 min

    Heymann: Wegwerfen sollte verboten werden

    Containern wird es genannt, wenn Menschen Lebensmittel aus den Abfallcontainern von Supermärkten holen. Die Bundesregierung wirbt dafür, das Containern straffrei zu stellen, umsetzen sollen es die Länder. Diese Initiative hält Ricarda Heymann aus Mittelhessen, die einmal pro Woche Waren aus dem Müll von Supermärkten fischt, zwar für sinnvoll. Noch sinnvoller wäre es aber, Supermärkten das Wegwerfen von Lebensmitteln zu untersagen.
    Es gibt keine öffentlich zugänglichen Auflistungen darüber, wie viel genießbare Lebensmittel in Supermärkten weggeworfen werden - aber es dürfte eine Menge sein, schätzt auch Jürgens. In Frankreich ist es großen Einzelhändlern und Supermärkten seit 2016 verboten, Lebensmittel wegzuwerfen, sie müssen gespendet werden. Dem Verein Zentrum für europäischen Verbraucherschutz zufolge haben die Tafeln dort seitdem deutlich mehr Lebensmittel zur Verfügung.
    Quelle: Antje Kayser und Isabell Scheuplein, dpa

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