Grenoble will das Tragen von "Burkinis" künftig erlauben. Der Schritt sorgt für Kritik über die Stadt hinaus. Immer wieder gibt es in Frankreich Streit über religiöse Symbole.
Quelle: imago/Hollandse Hoogte
In Frankreich ist erneut ein Streit um Burkinis - Ganzkörperbadeanzüge - entbrannt. Der Anlass: Die Großstadt Grenoble will am Montag über eine Änderung der Schwimmbadordnung beraten und Frauen nicht mehr vorschreiben, mit wie viel oder wie wenig Stoff sie ins Wasser dürfen.
Wenn es nach dem grünen Bürgermeister Éric Piolle geht, ist oben ohne vom 1. Juni an ebenso in Ordnung, wie Badekleidung, die über Knie und Nacken hinausreicht - wie eben die Burkinis, um die es ihm bei der Lockerung vor allem geht. Mancher Kritiker im auf strikte Trennung von Staat und Religion pochenden Frankreich vermutet hinter diesem Plan eine schleichende Islamisierung.
Bürgermeister: "Das geht uns nichts an"
Laut Bürgermeister Piolle müsse Diskriminierung im Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen vermieden werden, es gehe um den sozialen Fortschritt, dass Menschen zum Baden tragen könnten, was sie wollen.
Auch wenn es offiziell nicht konkret um Burkinis geht, lässt die Vorgeschichte drauf schließen, dass sie dennoch zentral sind. Nach lautstarken Forderungen für die Zulassung der muslimischen Badeanzüge zeigte der Bürgermeister klare Sympathien für die Gruppierung, die sich dafür stark macht.
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Gegner wittern "radikale Ideologie"
Piolles konservativer Widersacher im Stadtrat, Alain Carignon, wittert eine illegitime Schützenhilfe für einen politischen Islam und rief zu einem Referendum auf. In einer Petition heißt es: "Eine Änderung der Baderegeln würde Forderungen eines politischen Islams erfüllen, das heißt einer totalitären und radikalen Ideologie."
Mit dem Koran hätten Burkinis nichts zu tun, es gehe um die sexistische Ideologie der Unterwerfung der Frau. Eine Ablehnung von Burkinis sei nicht islamfeindlich, vielmehr könnten Sonderansprüche einzelner Gruppen nicht über die Prinzipien der Republik gestellt werden.
Konservative drohen mit Subventions-Stopp
Schweres Geschütz gegen die Burkini-Pläne in Grenoble fuhr bereits der konservative Regionspräsident Laurent Wauquiez auf.
Präfekt Laurent Prévost kündigte am Sonntagabend gar gerichtliche Schritte an, sollte es grünes Licht für das Tragen von Burkinis in öffentlichen Bädern in Grenoble geben. Gemäß den Anweisungen, die er vom Innenminister Gérald Darmanin erhalten hat, werde er vor das Verwaltungsgericht ziehen, um eine Aussetzung der Regelung zu erwirken.
Immer wieder Konflikte über religiöse Symbole
In der Vergangenheit sorgten religiöse Symbole in Frankreich immer wieder für Konflikte - vor allem im Zusammenhang mit dem Islam. Frankreich versteht sich als laizistisches Land, in dem eine strikte Trennung von Staat und Religion herrscht.
Bereits 1994 trat ein Gesetz in Kraft, das in Schulen nur noch diskrete religiöse Symbole erlaubte. Zehn Jahre später wurden Kopftücher in Schulen vollständig verboten - Kippa und Kreuz nicht. 2010 folgte das Verbot der Vollverschleierung in der Öffentlichkeit, das sogenannte Burka-Verbot. Kommunale "Burkini"-Verbote wurden vom Staatsrat 2016 für rechtswidrig erklärt.