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frontal-Doku über Judenhass : Antisemitische Angriffe: "Du Scheißjude"

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In Berlin sind innerhalb weniger Tage zwei Juden beleidigt und angegriffen worden. Keine Einzelfälle: Die Zahl der antisemitischen Straftaten in Deutschland ist stark gestiegen.

Hass gegen Juden wird in Deutschland wieder offen gezeigt: bei Demos, vor Synagogen und im Netz. Die Zahl antisemitischer Straftaten erreicht aktuell einen neuen Höchststand.

Beitragslänge:
28 min
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Ariel Kirzon war mit seinem 13-jährigen Sohn Levy auf dem Weg zum Arzt - am Dienstag vor einer Woche, am helllichten Tag in Berlin-Mariendorf. Er musste noch schnell mit der israelischen Botschaft telefonieren, erinnert sich der 43-Jährige. Kirzon ist Rabbiner der jüdischen Gemeinde in Potsdam.

"Ich sprach Hebräisch. Plötzlich kam ein arabisch aussehender Mann auf mich zu, Mitte 30, und beschimpfe mich: 'Du schrecklicher Scheißjude!' Er rempelte mich an", sagt Kirzon im Gespräch mit dem ZDF. "Ich wollte ihn eigentlich fotografieren, aber mein Sohn hatte zu viel Angst, weil der Mann so aggressiv war." Der Staatsschutz des Landeskriminalamts Berlin ermittelt und wertet unter anderem die Videoaufnahmen eines nahen U-Bahnhofes aus.

Berlin: Landesrabbiner der jüdischen Gemeinde in Potsdam, Ariel Kirzon, steht vor der U-Bahnhof Westphalweg.
Ariel Kirzon, Landesrabbiner der jüdischen Gemeinde in Potsdam, wurde in der Nähe einer U-Bahn-Station angegriffen.
Quelle: Gerald Matzka/dpa

Nur einen Tag später wurde ein 33-jähriger Mann in einer Berliner S-Bahn judenfeindlich beleidigt. Es sei ein zweiter Angreifer dazugekommen, teilte die Polizei mit. Beide schlugen "mit Fäusten gegen den Kopf und den Oberkörper des 33-Jährigen". Er habe leichte Blessuren erlitten.

In ganz Deutschland nehmen Angriffe auf Juden zu

Nicht nur in Berlin, in ganz Deutschland gibt es immer mehr Angriffe auf Juden. Nach den neuesten Daten des Bundeskriminalamtes ist die Zahl der antisemitischen Straftaten im Jahr 2021 um 29 Prozent gestiegen – auf einen neuen, absoluten Höchststand. Im Jahr 2020 gab es 2.351 antisemitisch motivierte Straftaten. 2021 waren es 3.027.

Oft sind es Beleidigungen oder verbale Attacken. Aber wie schnell aus Hass in den Köpfen brutale Gewalt werden kann, hat Andreas Roger erlebt. Im Herbst 2021 nahm der damals 60-jährige jüdische Mann in der Hamburger Innenstadt an einer Mahnwache gegen Antisemitismus teil.

Mahnwache Hamburg
Mahnwache gegen Antisemitismus und für Israel in Hamburg: Die Teilnehmer werden immer wieder angefeindet.
Quelle: Torsten Lapp/ZDF

Jugendliche hätten sich von den Israel-Fahnen provoziert gefühlt. "Sie haben uns beleidigt und gerufen: 'Ihr Hurensöhne. Free Palästina. Scheißjuden.' Dann bekam ich von dem anderen sofort eine aufs Gesicht geknallt, dass die Brille zerbrach, er hatte mir hier auf den Kiefer gehauen und ich fiel um",  erinnert sich Andreas Roger in der frontal-Dokumentation "Judenhass und das Feindbild Israel".

Schwere Körperverletzung bei Teilnahme an Mahnwache

Die Attacke hat Andreas Rogers Leben verändert. Er wird mit seinem rechten Auge nie wieder sehen können. Die Polizei kann die Täter wenige Tage später festnehmen: Aram A., damals 16 Jahre alt, und sein jüngerer Bruder. Sie sind im Berliner Wedding groß geworden. Die Familie stammt aus Syrien.

Andreas Roger
Andreas Roger ist im Herbst 2021 bei einer Mahnwache gegen Antisemitismus niedergeschlagen worden.
Quelle: Torsten Lapp/ZDF

Im Sommer 2022 verurteilt das Amtsgericht Hamburg Aram A. wegen schwerer Körperverletzung und Beleidigung zu einem Jahr und vier Monaten auf Bewährung. Er muss gemeinnützige Arbeit leisten, ein Anti-Gewalt-Training absolvieren. Sein Bruder wird wegen Beleidigung verurteilt.

Staatsanwaltschaft sieht bei Täter "israelfeindliche Haltung"

Der Verteidiger von Aram A. hat inzwischen Berufung eingelegt, genauso wie die Staatsanwaltschaft, die ein höheres Strafmaß fordert. Durch die Tat sei eine "evident antisemitische, zumindest jedoch israelfeindliche Haltung zu Tage getreten", schreibt die Staatsanwaltschaft in ihrer Berufungsbegründung, die dem ZDF vorliegt.

Landesrabbiner Ariel Kirzon macht sich nach dem Angriff auf ihn Sorgen um die Sicherheit. "Ich betreue sieben jüdische Gemeinden in Brandenburg. Es gibt zwar ein paar Kameras, aber keine Synagoge steht unter Polizeischutz." Nur an hohen Feiertagen sei ein Streifenwagen vor Ort. "Den Rest des Jahres steht die Tür immer auf", sagt Kirzon mit Blick auf den Anschlag von Halle im Jahr 2019.

Damals hatte ein Rechtsextremist versucht, die dortige Synagoge zu stürmen. Kirzon fordert mehr Unterstützung von den deutschen Sicherheitsbehörden: "Wenigstens für ein paar Stunden in der Woche, wenn wir den Schabbat feiern, sollten wir geschützt werden."

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