Kaiser-Frühstück: Welche Rolle die Uhrzeit beim Essen spielt

    "Frühstücken wie ein Kaiser":Welche Rolle die Uhrzeit beim Essen spielt

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    Der eine kann direkt nach dem Aufstehen frühstücken, der andere bekommt erst später Appetit. Studien zeigen: Unser Körper reagiert je nach Tageszeit unterschiedlich auf Essen.

    Eine Schale mit Brötchen und Brot steht neben Aufstrichen und Käse, Eiern und Salat auf einem Frühstückstisch, aufgenommen am 05.03.2022
    Wer übergewichtig ist und ausgiebig frühstückt, hat für den Rest des Tages seinen Appetit oft besser unter Kontrolle, zeigt eine Studie aus Schottland.
    Quelle: dpa

    "Iss morgens wie ein Kaiser, mittags wie ein Edelmann und abends wie ein Bettler" - viele Menschen dürften diese Worte noch im Ohr haben, wenn es um die drei Hauptmahlzeiten geht. Doch ob an dem Sprichwort wirklich etwas dran ist, wird in der Wissenschaft zum Teil kontrovers debattiert.

    Appetit nach reichhaltigem Frühstück besser unter Kontrolle

    So war etwa lange Zeit fraglich, ob die Tageszeit überhaupt einen Einfluss nimmt. "Früher ging man davon aus, dass eine Kalorie eine Kalorie ist und es entsprechend keinen Unterschied macht, wann sie konsumiert wird", sagt Olga Ramich, Leiterin der Forschungsgruppe Molekulare Ernährungsmedizin am Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE).
    Und tatsächlich gibt es Studien, die dies auf den ersten Blick bestätigen: Erst kürzlich vermeldete etwa ein Team der schottischen University of Aberdeen, dass es zumindest hinsichtlich des Energiestoffwechsels keinen Unterschied mache, ob man den Großteil der täglichen Kalorien morgens oder abends konsumiere.
    Allerdings bemerkten die übergewichtigen Probanden einen Vorteil eines reichhaltigen Frühstücks, so Mitautorin Alexandra Johnstone in einer Mitteilung:

    Die Teilnehmer berichteten, dass sie an den Tagen, an denen sie ein größeres Frühstück zu sich nahmen, ihren Appetit besser unter Kontrolle hatten und sich für den Rest des Tages gesättigt fühlten.

    Alexandra Johnstone, University of Aberdeen

    Für Olga Ramich ist eben dieses beobachtete Sättigungsgefühl interessant: "Damit ergibt sich zwar keine direkte Regulation des Stoffwechsels durch die zeitliche Verteilung der Kalorien, aber eine positive Verhaltensauswirkung."

    Körper verstoffwechselt Kohlenhydrate morgens besser

    Darüber hinaus hätten andere Untersuchungen durchaus gezeigt, dass die Tageszeit Einfluss auf die durch die Mahlzeit ausgelöste Stoffwechselreaktion nimmt. "Meine Forschungsgruppe hat beispielsweise Studien durchgeführt, bei denen wir die Auswirkungen derselben Mahlzeit morgens und nachmittags verglichen haben", sagt Ramich.
    "Dabei haben wir festgestellt, dass der Blutzucker nach der späten Mahlzeit deutlich stärker steigt als morgens." Ebenso sei der Körper morgens besser dazu in der Lage, Kohlenhydrate zu verstoffwechseln.

    Energieumsatz morgens höher als abends

    Diese Beobachtung passt zu einer Studie der Universität Lübeck. In dieser erhielten 16 normalgewichtige Männer in der ersten Phase ein niederkalorisches Frühstück und ein hochkalorisches Abendessen und in der zweiten Phase umgekehrt. Wie das Forschungsteam beobachtete, war der Anstieg des Blutzucker- und Insulinspiegels nach dem Frühstück im Vergleich zum Abendessen deutlich vermindert.
    Die Wissenschaftlerinnen schlossen daraus, dass der menschliche Energieumsatz morgens grundsätzlich höher sei als abends.
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    Zusammenhang zwischen biologischer Uhr und Nahrungsaufnahme

    Arbeiten wie diese sind besonders für die sogenannte Chrononutrition interessant. Dieses Forschungsfeld untersucht den in der Vergangenheit oft vernachlässigten Zusammenhang zwischen biologischer Uhr und Nahrungsaufnahme.
    Eben jener Zusammenhang sei aber äußerst wichtig, sagt Ramich vom DIfE: "Alles ist zeitabhängig: Die zirkadiane Uhr bestimmt sowohl Stoffwechselvorgänge als auch unser Verhalten."

    Typ Eule und Typ Lerche

    Dabei werden zwei sogenannte Chronotypen unterschieden: Während Lerchen schon morgens Energie haben und eher früher ins Bett gehen, bleiben Eulen länger wach und kommen früh am Tag nur schwer in die Gänge. Insbesondere Eulen würden dazu neigen, das Frühstück ausfallen zu lassen. Einigen Studien zufolge konsumieren sie auch mehr Fastfood, Kaffee und Alkohol, wie Olga Ramich erklärt.
    Dieses ungesunde Verhalten sei vermutlich zum Teil auch darauf zurückzuführen, dass der gesellschaftliche Takt oft gegen den biologischen Rhythmus von Eulen arbeitet. "Gerade solche Menschen sollten auf eine gesunde Ernährung, feste Essenszeiten und eben ein Frühstück achten", betont Ramich mit Blick auf Studien, denen zufolge ein Weglassen der Morgenmahlzeit das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Nährstofflücken sowie Adipositas und Typ-2-Diabetes erhöht.

    Eulen haben morgens oft noch keinen Hunger, doch selbst ihnen kann man empfehlen, sich optimalerweise daran zu gewöhnen, zumindest eine Kleinigkeit zum Frühstück zu essen.

    Olga Ramich, Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke

    Insgesamt, so Ernährungswissenschaftlerin Ramich, sei die Redensart vom "Frühstücken wie ein Kaiser" wohl richtig. Dennoch sollte bei einem reichhaltigen Frühstück die Gesamtkalorienmenge des Tages berücksichtigt werden:

    Es ist natürlich nicht nur wichtig, wann man isst, sondern auch, was man isst und wie viel man isst. Und das sollte vor allem zum Frühstück ausgewogen und gesund sein.

    Olga Ramich, Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke

    Quelle: Alice Lanzke, dpa

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