Gefahr beim Fußball: Wenn das Herz plötzlich still steht

    Gefahr auf dem Fußballplatz:Wenn das Herz plötzlich still steht

    von Annette Kanis
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    Sie kommen ohne Vorwarnung: Auch Sportler sind von Herzrythmusstörungen betroffen - etwa der dänische Fußballspieler Christian Eriksen. Was bei einem Herzstillstand Leben rettet.

    Dänemarks Andreas Christensen und seine Mannschaftskameraden reagieren auf die medizinische Versorgung von Christian Eriksen, der während des Spiels zusammengebrochen ist am 12.06.2021.
    Ein Schockmoment bei der Fußball-EM im Sommer 2021: Das dänische Team stellt sich schützend vor Christian Eriksen, der während des Spiels zusammengebrochen ist. (Archivbild)
    Quelle: 21-1977301

    Das Herz flimmert und steht dann wie aus dem Nichts still. In Deutschland sterben pro Jahr etwa 65.000 Menschen an einem plötzlichen Herztod. Er ist die Folge eines akuten Herz-Kreislauf-Zusammenbruchs.
    Den dänischen Fußballspieler Christian Eriksen traf der Herzstillstand mitten auf dem Fußballfeld. Während des EM-Spiels gegen Finnland im Juni 2021 brach der damals 29-Jährige einfach zusammen. Er konnte durch Herzdruckmassage und Defibrillator erfolgreich wiederbelebt werden.

    Was einen Herzstillstand auslösen kann

    Ein gesundes Herz schlägt ruhig und regelmäßig im Takt. Wenn es ab und zu stolpert oder kurz aussetzt, ist das per se noch nicht gefährlich. "Grundsätzlich sind Herzrhythmusstörungen ein Ausdruck dafür, dass das Herz in der Elektrik gestört ist, dass irgendwie eine Veränderung, Narbenbildung, Entzündung des Herzens da ist", sagt Martin Halle, Sportkardiologe vom Klinikum rechts der Isar an der TU München.

    Es gibt nicht so gefährliche, wie auch sehr gefährliche Herzrhythmusstörungen.

    Prof. Martin Halle, Sportkardiologe vom Klinikum rechts der Isar an der TU München

    Kammerflimmern gefährlicher als Vorhofflimmern

    "Die sehr gefährlichen gehen von der Herzkammer aus und zeigen eine Vernarbung des Herzmuskels an. Und die können durchaus dann zu Rhythmusstörungen führen, die dann auch Herzstillstand bedeuten", erklärt Halle. Im Gegensatz zum Kammerflimmern gilt Vorhofflimmern als weniger gefährlich. "Das kann man gut tolerieren und ist deshalb die eher gutartige Rhythmusstörung."
    Der Fall Eriksen ist nicht der einzige. Immer wieder kommt es zu ähnlichen Zwischenfällen auf dem Fußballplatz, auch mit Todesfolge. Ob angeborene, nicht erkannte Herzfehler, krankhaft bedingte Veränderungen oder eine verschleppte Infektion, die den Herzmuskel angegriffen hat, was genau zu den lebensbedrohlichen Situationen führt, ist nicht immer klar.

    Herzdruckmassage rettet Leben

    Steht das Herz still, kommt es zu Bewusstlosigkeit und Atemstillstand. Es drohen schwere Gehirnschäden, da das Gehirn nicht mit Sauerstoff versorgt wird. Eine Überlebenschance besteht nur, wenn unverzüglich mit Wiederbelebungsmaßnahmen begonnen wird.
    Dennoch sind die Rettungsmöglichkeiten laut Deutscher Herzstiftung gering. Nur fünf bis zehn Prozent der Wiederbelebungsversuche sind erfolgreich.
    Die Überlebenswahrscheinlichkeit hängt wesentlich von der Schnelligkeit und der Qualität ab, mit der die Erstmaßnahmen zur Wiederbelebung eingeleitet und durchgeführt werden, so die Herzstiftung weiter. In jeder Minute, in der ein Patient mit einem Herz-Kreislauf-Stillstand nicht mittels Herzdruckmassage behandelt wird, sinkt die Überlebenswahrscheinlichkeit um zehn Prozent.




    Auch Sport wieder möglich - wie bei Eriksen

    Überlebt man den Herzstillstand und hat keine bleibenden Schäden davon getragen, ist nach einer Phase der Rehabilitation sogar Sport wieder möglich. Auch Christian Eriksen ist weiter auf dem Fußballplatz aktiv, steht aktuell im WM-Kader der dänischen Nationalmannschaft in Katar. Ihm wurde ein Defibrillator, ein sogenannter ICD, implantiert. Dieser erkennt Herzrhythmusstörungen und reagiert im Ernstfall mit Elektroschocks, um sie zu beenden.

    ICD steht für implantierbarer Kardioverter/Defibrillator. Er wird in einem kleinen Eingriff unterhalb des Schlüsselbeins unter die Haut geschoben und dort eingenäht. Schlägt das Herz plötzlich sehr schnell, kann das Gerät mehrere Stromimpulse hintereinander abgeben. Dadurch wird der zu schnelle Herzschlag "überholt" (overpacing).

    Hilft das nicht und kommt es zum Kammerflimmern, gibt der ICD einen einzelnen, stärkeren Stromstoß ab, um das Herz wieder in einen normalen Rhythmus zu bringen. Manchmal sind dafür mehrere solcher Schocks nötig.

    Kardiologe sieht Leistungssport mit Defibrillator kritisch

    "Es ist eine gute Lebensversicherung [...], einen Defibrillator eingebaut bekommen zu haben, aber es ist nicht die absolute Garantie", sagt Sportkardiologe Halle.

    Und deswegen ist Leistungssport mit Defibrillator für mich keine Option.

    Prof. Martin Halle, Sportkardiologe vom Klinikum rechts der Isar an der TU München

    Halle stuft das Risiko für Leistungssportler als zu hoch ein, nochmals einen plötzlichen Herzstillstand zu erleiden, vielleicht dann mit tödlichen Folgen.

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    In dem Fall Eriksen hätte ich ihm geraten, eine Trainerkarriere anzustreben und nicht jetzt noch mal ein, zwei Jahre leistungsmäßig Fußball zu spielen.

    Prof. Martin Halle, Sportkardiologe vom Klinikum rechts der Isar an der TU München

    "Und ganz kann ich diejenigen, die ihn freigegeben haben für den Leistungssport, das kann ich nicht nachvollziehen", so Halle. "Ich hätte es anders entschieden."

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