Queere Menschen führen in Ghana ein Leben in Angst. Alex Kofi Donkor hat sich dennoch öffentlich geoutet. Er ist das Gesicht einer neuen Bewegung - und zahlt dafür einen Preis.
Alex Kofi Donkor wusste schon als Jugendlicher, dass er anders liebte als seine Klassenkameraden. Doch sich in Ghana als homosexuell zu outen, ist gefährlich. Gewaltsame Übergriffe auf offener Straße, Bedrohung, Beschimpfungen und Hetze im Netz sind an der Tagesordnung.
Jahrzehnte lang waren die Stimmen der Homophoben in der Öffentlichkeit laut - Gegenstimmen hörte man kaum. 2018 gründete Donkor deshalb die Organisation “LGBT+ Rights Ghana” und startete eine Online-Kampagne, um den öffentlichen Diskurs anzustoßen. Wenig später entschied er sich mit einigen Mitstreitern, öffentlich Gesicht zu zeigen.
Religion ist wichtiges Motiv für Homophobie
Mittlerweile zählt Donkor zu den bekanntesten Gesichtern der LGBTQ-Community in der Hauptstadt Accra. In den sozialen Medien postet er Bilder, die ihn mit nacktem Oberkörper vor einer Regenbogenfahne oder Arm in Arm mit einem anderen Schwulen zeigen - Bilder, die in Ghana von vielen als äußerst provokant empfunden werden.
Oft sei die Ablehnung von Homosexualität religiös motiviert, so Donkor. In den öffentlichen Kleinbussen stehen häufig Prediger und halten ihre Ansprache. In der Hauptstadt Accra ist die Mehrheit christlich, während der Norden muslimisch geprägt ist. Doch ganz gleich, wo im Land man sich befindet: Abneigung gegen Schwule oder Lesben findet man überall.
Homosexualität wird als “unghanaisch” bezeichnet
Laut globalem Religions-Index des Gallup-Netzwerks ist Ghana das gläubigste Land der Welt: 96 Prozent der Ghanaer bezeichnen sich selbst als religiös.
Eine Schwulen-Lobby aus Europa und Amerika wolle Homosexualität nach Afrika bringen, behaupten viele. Es ist eine weit verbreitete Meinung, dass Homosexualität “unghanaisch” sei. ”Wir fühlen uns wie Bürger zweiter Klasse“, sagt Donkor.
Die Gesetzeslage in Ghana ist uneindeutig
Eine aktive staatliche Verfolgung von Homosexuellen gibt es in Ghana nicht. Doch Abschnitt 104 des ghanaischen Strafgesetzbuches, ein Überbleibsel aus der britischen Kolonialzeit, wird oft herangezogen, um homosexuelle Praktiken zu verurteilen oder zu bestrafen. Mehrere Jahren Gefängnis können drohen.
“Das Gesetz ist nicht eindeutig”, sagt Donkor. “Es untersagt alle sexuellen Praktiken außer der Penetration der weiblichen Vagina. Danach müsste auch Oral- und Analsex nicht gleichgeschlechtlicher Paare verboten sein.”
Um den ersten Ort zu schaffen, an dem sich queere Menschen vernetzen, bilden und Rat suchen können, eröffnete Donkors Organisation Ende Januar ein Büro. Die EU, die australische Botschaft und andere unterstützten die Organisation in ihrem Vorhaben.
Das Büro wurde von der Polizei gestürmt
Doch die Gegner siegten: In den sozialen Medien drohte man der Organisation mit Brandstiftung. Eine Gruppe rund um den Exekutivsekretär der National Coalition for Proper Human Sexual Rights and Family Values, Moses Foh-Amoaning, forderten Ghanas Präsidenten auf, das Büro zu schließen und die die Mitglieder zu verhaften.
Die Einrichtung sei verfassungswidrig, behauptet Foh-Amoaning. Christliche Kirchen und muslimische Gemeinde schlossen sich den Forderungen an. Nach nicht einmal einem Monat wurde das Büro von der Polizei geräumt.
Donkor und seine Mitstreiter befinden sich derzeit in einem gesicherten Haus in Accra.
Zu hoch sei das Risiko, angegriffen zu werden. Dennoch will er Ghana nicht verlassen. “Die Situation ist für uns gerade ungesund und schwierig. Aber wir kämpfen weiter dafür, eine sichere und inklusive Gesellschaft in Ghana zu schaffen, in der LGBT+ Personen genauso akzeptiert und behandelt werden, wie alle anderen."