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Interview

Nach Gletschersturz in Italien : Warum weitere Abbrüche folgen werden

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Dem Gletscherabbruch in den Dolomiten werden weitere folgen, sagt Forscherin Andrea Fischer. Deshalb sei vor allem im vergletscherten Hochgebirge Vorsicht geboten.

Gletscher am Berg Marmolata
Nach Rekordtemperaturen war am Sonntagnachmittag ein Teil des Marmolata-Gletschers abgebrochen.
Quelle: Imago

Vom Marmolata-Gletscher am höchsten Berg der Dolomiten ist am Sonntag ein schätzungsweise 200 Meter breiter, 80 Meter hoher und 60 Meter tiefer Eisblock abgebrochen und ließ eine Lawine aus Eis, Felsen und Trümmern auf ahnungslose Bergwanderer niedergehen. Mindestens sieben Menschen wurden getötet, 13 werden noch vermisst.

Warum lösen sich solche Lawinen? Und haben die Urlauber etwas falsch gemacht? Gletscherforscherin Andrea Fischer sagt im ZDFheute-Interview: Nein, haben sie nicht.

Nach dem Gletscher- und Lawinenunglück in den Dolomiten wird die Suche nach weiteren Opfern seit Dienstagmorgen fortgesetzt. Jedoch ist dies nur eingeschränkt möglich.

Beitragslänge:
1 min
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ZDFheute: Was raten Sie Berg-Touristen in diesem Sommer?

Andrea Fischer: Ich rechne mit weiteren Gletscherbrüchen dieser Art im Laufe des Sommers. Gletscherbrüche ereignen sich zwar heimtückisch. Gefährdet sind aber in erster Linie die Nahbereiche des Gletschers und die Gletscherbäche.

Wer also ins vergletscherte Hochgebirge aufbrechen will, sollte vorher Ortskundige wie Hüttenwirte fragen, ob die Gipfel schneefrei sind. Dann ist Vorsicht geboten.
Andrea Fischer, Gletscherforscherin

Das Risiko erhöht sich, wenn es vielleicht sogar noch Starkniederschläge gegeben hat. Solche Gegenden sind in diesem Sommer unbedingt zu meiden. Wer aber entfernt vom Gletscher wandern will, für den hat sich die Situation nicht verändert.

ZDFheute: Aus Ihrer Sicht als Wissenschaftlerin: Wäre das Unglück in den Dolomiten vermeidbar gewesen?

Fischer: Die Opfer des Gletscherbruchs haben keinen Fehler gemacht. Sie waren leider zur falschen Zeit am falschen Ort. Ein Gletscherbruch ist ein spontaner Kollaps.

Selbst für Fachleute ist die Hohlraumbildung im Gletscher schwer zu erkennen. Erst Risse an der Oberfläche sind eine klare Warnung, aber dann kann es oft schon zu spät sein.
Andrea Fischer, Gletscherforscherin
Andrea Fischer
Andrea Fischer erforscht die Gletscher bei Expeditionen.
Quelle: Daniel Hinterramskogler/ÖAW

ZDFheute: Die Alpen waren schon immer ein gefährlicher Ort. Fels- und Eisabbrüche sind nichts Neues. Ist die Situation heute wirklich anders als früher?

Fischer: Der letzte Winter war sehr schneearm, so dass die Schneedecke schon sehr früh in der Saison abgeschmolzen ist. Wir haben bereits seit zwei Wochen schneefreie Bedingungen auf den höchsten Gipfeln der Alpen. Das ist früher selbst in extremen Jahren erst Mitte bis Ende August eingetreten. Zusätzlich ist das Eis seit Anfang der 2000er Jahre durch einige extreme Schmelzjahre stark ausgedünnt.

ZDFheute: Was hat der Schnee auf den Gipfeln mit dem Gletscherbruch zu tun?

Fischer: Der Schnee auf dem Eis bewirkt, dass die Sonnenstrahlen reflektiert werden, das Eis schmilzt langsamer. Heute haben wir wenig Schnee, was dazu führt, dass in Höhe von etwa 3.000 Metern 10 bis 20 Zentimeter Eis pro Tag schmilzt. Es können sich teils mit Wasser gefüllte Hohlräume im Gletscher bilden, die sich jederzeit loslösen können. 

Auch das Hochgebirge der Alpen erwärmt sich schnell und massiv. Die Folge unter anderem: instabile Gletscher.

Beitragslänge:
2 min
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ZDFheute: Was passiert bei einer solchen Loslösung? Wie müssen wir uns einen Gletscherbruch vorstellen?

Fischer: Durch den Verlust an Festigkeit des Eises und der Reibung am Untergrund löst sich von einer Sekunde zur anderen ein Stück der Eisfläche. Beim Sturz vermischt sich das Eis mit Schutt und Wasser und entfaltet eine ungeheure Zerstörungsenergie. Die dichte Masse gewinnt eine Geschwindigkeit von mehreren hundert Stundenkilometern.

Man muss sich das als eine Art riesigen Sandstrahler vorstellen, der alles mit sich reißt. Wer als Mensch in eine solche Katastrophe gerät, hat keine Chance mehr, zu fliehen.  
Andrea Fischer, Gletscherforscherin

Das Interview führte Eva Schmidt.

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