Die Golden Globes reagieren auf anhaltende Kritik mit Reformen, vielen reicht das nicht. Der Haussender strahlt die Verleihung nicht mehr aus, ein Gewinner gibt Trophäen zurück.
Mit großen Stars wie Tom Cruise, Brad Pitt, Meryl Streep und Angelina Jolie trumpfen die Golden Globes gerne auf. Die Gala für die seit 1944 vergebenen Film- und TV-Preise hat lange den Ruf als Hollywoods lockere Trophäen-Party. Immer wieder gab es auch Kritik an dem kleinen Verband der Auslandspresse, mit weniger als 100 Mitgliedern.
Vorwürfe wie mangelnde Diversität und fragwürdige Praktiken der wahlberechtigten Journalisten wurden laut. Jetzt eskaliert die Globe-Krise.
Tom Cruise gibt Globes zurück
Ausgerechnet Globe-Preisträger Tom Cruise (58) hat dem Verband mit einer Protestaktion neue Negativ-Schlagzeilen beschert. Der "Mission:Impossible"-Star habe seine drei Globe-Trophäen an die Organisation zurückgegeben, berichteten mehrere US-Medien am Montag übereinstimmend. Cruise hatte die Preise für seine Rollen in "Geboren am 4. Juli" (1990), "Jerry Maguire - Spiel des Lebens" (1997) und "Magnolia" (2000) gewonnen.
"Selma"-Regisseurin Ava DuVernay lobte die Aktion umgehend. Mit der Rücksendung habe Cruise ein deutliches Zeichen gesetzt, gegen die "sexistischen, homophoben und rassistischen Praktiken von Ausschließung, Schikane und Voreingenommenheit" des Verbands Front zu machen, schrieb sie am Montag auf Twitter.
Globes-Haussender NBC wird nächste Verleihung nicht zeigen
Damit nicht genug: auch NBC, der Haussender der Globes, zog am Montag Konsequenzen. Man werde die Globe-Gala im Jahr 2022 nicht auszustrahlen, teilte der Sender mit. Der Globe-Verband HFPA (Hollywood Foreign Press Association) müsse Zeit und Arbeit investieren, um größere Reformen umzusetzen. Der Sender hoffe aber, die Gala im Januar 2023 nach entsprechenden Veränderungen wieder zu zeigen.
Angesichts des wachsenden Boykotts war die HFPA am Montag um Schadensbegrenzung bemüht. "So schnell und so sorgfältig wie möglich" wolle sie "längst überfällige" Veränderungen durchführen, versprach die Organisation in einer Mitteilung. Es folgte eine Liste mit Eckdaten für die kommenden Monate, etwa: Diversitäts-Berater einstellen, weitere Mitglieder finden, einen neuen Vorstand wählen.
Der HFPA werden unter anderem fehlende Diversität und intransparente Mitgliedschaftskriterien vorgeworfen. Ein zentraler Kritikpunkt: Der Preis-Jury von Auslandsjournalisten gehören keine Schwarzen an.
Schwarze Schauspieler hatten es in Hollywood schon immer schwer. Bis heute bekommen sie nicht dieselben Chancen wie ihre weißen Kollegen. Was hat sich in 100 Jahren verändert?
Die knapp 90 Mitglieder hatten bereits in der vergangenen Woche Reformen versprochen, so etwa die umgehende Aufnahme zwanzig neuer Mitglieder, vorrangig Afroamerikaner. Innerhalb von 18 Monaten soll die Zahl der Mitglieder verdoppelt werden. Auch soll es neue Richtlinien geben, etwa in Bezug auf Einladungen zu Filmevents. Die Annahme von Werbegeschenken wäre künftig verboten.
Kritik von Johansson, Ruffalo
Stars wie Scarlett Johansson und Mark Ruffalo sowie wichtige Firmen in Hollywood kritisierten die angekündigten Neuerungen als unzulänglich. Johansson (36, "Marriage Story") sagte am Samstag, dass sie bei Pressekonferenzen der HFPA häufig sexistische Fragen gestellt bekommen habe. "Das ist exakt der Grund, weshalb ich es seit vielen Jahren ablehne, an deren Konferenzen teilzunehmen", erklärte Johansson bei "Variety".
2017 bezichtigen mehrere Frauen den Filmproduzenten Harvey Weinstein der sexuellen Nötigung und Vergewaltigung. Der Skandal erschüttert Hollywood, und die weltweite #MeToo-Bewegung startet.
Netflix und Amazon kündigten an, die Zusammenarbeit mit dem Verband weiter ausgesetzt zu lassen. Auch die "Time's Up"-Organisation gegen Diskriminierung und ein Zusammenschluss von wichtigen PR-Firmen gingen zuletzt auf Abstand.