Die Erderwärmung hat eine direkt tödliche Konsequenz: Hitzewellen, die auch in Deutschland Leben kosten werden. Wieso vergessen wir das so oft?
In der neuen Terra-X-Kolumne auf ZDFheute beschäftigen sich ZDF-Wissenschaftsjournalistinnen und -journalisten wie Harald Lesch, Dirk Steffens und Jasmina Neudecker jeden Sonntag mit großen Fragen der Wissenschaft - und welche Antworten die Forschung auf die Herausforderungen unserer Zeit bietet.
Globaler Klimastreik kurz vor der Bundestagswahl in Berlin: Um mich rum sind überall Menschen. Junge Menschen in bunten Klamotten und mit schrillen Plakaten. Es ertönt Musik. Und ich? Ich strahle! Weil die Stimmung sich so gut anfühlt. Bis mir wieder bewusst wird, worum es hier eigentlich geht. Viele Menschen sind hier, weil sie Angst haben.
Hitze eine der direktesten Auswirkungen vom Klimawandel
Weil sie wollen, dass die Politik radikal handelt. So radikal, wie es nötig ist, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius im Vergleich zu vorindustriellen Zeiten zu beschränken. Auch wenn das politisch schon utopisch scheint.
Die Klimakrise bringt vieles mit sich, was Anlass zur Sorge gibt: steigende Meeresspiegel, Dürren, Starkwetterereignisse. Aber eine Sache scheint für uns in Deutschland manchmal gar nicht so im Fokus zu stehen, obwohl sie uns ganz direkt an den Kragen gehen wird: die Hitze. Denn offensichtlich können wir in vielen Situationen gut verdrängen, was da auf uns zurollt.
Terra Xplore zum Klimawandel: Wenn Hitze zum Risiko wird
Körper hält Hitze über längeren Zeitraum nicht aus
Laut dem Sachstandsbericht des IPCC wird es Hitzewellen, die es bis zum Ende des 19. Jahrhunderts nur einmal in 50 Jahren gab und die es heute schon einmal in zehn Jahren gibt, bei einer globalen Erderwärmung von zwei Grad Celsius einmal alle drei bis vier Jahre geben. Laut Gesundheitsministerium gab es in Deutschland im Jahr 2020 4.000 Hitzetote - fast doppelt so viele Menschen, wie jährlich im Straßenverkehr sterben - und das innerhalb weniger Sommertage.
Das Problem an der Hitze ist: Rein körperlich halten wir bestimmte Temperaturen über längere Zeit ungeschützt einfach nicht aus. Für den menschlichen Körper gibt es nur einen ganz schmalen Temperaturbereich, in dem er optimal funktioniert.
Noch nie war Widerstand so jung. Jugendliche, die mangels Wahlrechts keine Stimme in der Demokratie haben, machen mobil. Sie wollen die Welt verändern.
Schwitzen funktioniert nur bei bestimmter Luftfeuchtigkeit
Um die Temperatur immer bei etwa 37 Grad zu halten, nutzt unser Körper Werkzeuge, um zu kühlen. Beispielsweise wird viel mehr warmes Blut als normalerweise weg vom Körperinneren und hin zur Peripherie transportiert. So soll die Wärme, die unser Stoffwechsel produziert, nach außen abgegeben werden. Dafür pumpt unser Herz auch stärker und unser Blutdruck sinkt. All die Werkzeuge unseres Körpers sind auf Dauer eine immense Belastung. Wir erleben Hitzestress.
Und hinzukommt: Unsere evolutionär coolste Anpassung gegen die Hitze - das Schwitzen - funktioniert nur dann, wenn die Luftfeuchtigkeit nicht zu hoch ist. Verdunstungskühle entsteht nur, wenn die Luft nicht schon gesättigt ist mit Feuchtigkeit.
Hitzetod trotz Schwitzen: Wird die Erde unbewohnbar?
Hitze: Körper wird zum Spiegelei
Letztlich ist es so: Rein chemisch und physikalisch kann unser Körper nur eine bestimmte Kombination aus Temperatur und Feuchtigkeit aushalten. Mit einem Mischwert aus Temperatur, Feuchtigkeit, Windgeschwindigkeit und Sonneneinstrahlung kann man die "gefühlte" Temperatur beschreiben. Man nennt das die "Wet-Bulb-Globe-Temperature".
Ist diese zu hoch, kann der Körper nicht mehr durch Schwitzen kühlen und es kommt zum Hitzestau. Das kann zu einem Hitzschlag führen und bei weiterer Hitze fangen die Proteine in unserem Körper an zu denaturieren, wie ein Ei in der Pfanne.
Heiße Sommer werden Normalität. Beton und Glasfassaden heizen Städte auf. Nachhaltige Konzepte zu Bepflanzung, Luftzirkulation und Wassermanagement sollen die Innenstädte abkühlen.
Hitzephasen können zur Bedrohung werden
Hitzephasen gibt es heute schon, wenn sie künftig noch viel extremer werden, werden sie zu einer echten Bedrohung. Wenn ich diese Gedanken zulasse und mich in unsere Zukunft hineinversetze - wenn ich mir überlege, wie diese Welt aussehen könnte, wenn ich 70 bin und die globale Temperatur sich sogar nach optimistischen Prognosen, um drei Grad erhöht haben könnte -, dann habe ich tatsächlich Angst.
Ich wundere mich, wie ich das so oft in meinem Alltag verdrängen kann. Selbst auf dem Klimastreik scheint diese Zukunft so abstrakt und fern. Dabei wird sie uns schneller treffen, als wir glauben. Es sei denn, wir verhindern es noch. Und noch habe ich Hoffnung.
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- Bildung ist der Schlüssel zur Klima-Zukunft
Wir brauchen einen Kompass des Wissens, der uns durch die großen Erkenntnisse der Menschheit führt und hilft, die Herausforderungen der Zukunft vor allem beim Klima zu meistern.