Im August 2002 verwüstete die Jahrhundertflut viele Orte und Städte vor allem im Osten Deutschlands. Welche Lehren wurden gezogen und welche Maßnahmen umgesetzt?
20 Jahre nach dem Jahrhunderthochwasser: Was wurde in Sachsen aus der Flut gelernt? Welche Maßnahmen konnten umgesetzt werden?
Es sind die kleinen Zuflüsse - die Rinnsale und Bäche- die im Katastrophenfall Flüsse zu reißenden Strömen machen. Eins dieser Gewässer ist die Rote Weißeritz - ein kleines beschauliches Flüsschen, das auch durch Schmiedeberg fließt. An diesem Fluss zu leben, heißt auch seine Gefahren zu kennen, weiß Handwerker Maik Friebel.
Vor 20 Jahren wird er von den Fluten der Weißeritz überrascht. Wie Gefangene sitzen Maik Friebel und seine Familie im eigenen Haus fest.
In der Nacht reißt die Hälfte des Hauses weg. Nur ein Hubschrauber kann sie vom Dach retten. Die Familie kommt mit einem Schrecken davon. Das Haus ist ein Totalschaden.
Rückhaltebecken schützt Tal der Weißeritz
Um das kleine Schmiedeberg zu schützen, musste der winzige Pöbelbach unter Kontrolle gebracht werden. Deshalb wurde für 60 Millionen Euro ein gigantischer Damm in die Landschaft gesetzt, nur um diesem kleinen Bach - nicht mehr als ein Rinnsal - im Katastrophenfall Einhalt zu gebieten.
Bei Starkregen schließen sich die Schotten und der Damm kann 1,2 Millionen Kubikmeter Wasser zurückhalten und so das Tal der Weißeritz bis nach Dresden schützen.
So erklärt es Eckehard Bielitz von der Landestalsperrenverwaltung Sachsen. "So ähnlich kann man das mit dem technischen Hochwasserschutz vielleicht auch sehen. Das ist für den Extremfall da."
Rückblick auf die Flutkatatstrophe 2022 im Ahrtal und in NRW - welche Lehren wurden gezogen?
Den Menschen, die das Hochwasser erlebt haben, bleibt der Extremfall noch immer vor Augen. So geht es auch dem ehemaligen Bürgermeister Karl Günther Schneider. Er wohnt gleich neben der Roten Weißeritz. Sie fließt quasi durch seinen Garten.
Das Hochwasserrückhaltebecken am Oberlauf gibt ihm Sicherheit - nicht die einzige Maßnahme: "Ich habe deswegen vielleicht auch keine Angst mehr, denn der Fluss ist wesentlich breiter geworden", so Schneider.
Drei Milliarden für den Hochwasserschutz
Allein im kleinen Schmiedeberg hat der Freistaat Sachsen noch einmal 6,5 Millionen Euro ausgegeben, um dem Fluss mehr Raum zu geben und die Ufer zu befestigen. Es ist die Lehre aus dem Osten der Republik: Hochwasserschutz kostet sehr viel Zeit und sehr viel Geld.
In 19 Jahren haben die Sachsen 539 Projekte umgesetzt und dafür drei Milliarden Euro ausgegeben. Eckehard Bielitz vertraut seinen Dämmen und Schutzmauern und trotzdem warnt er davor, sich nun sicher zu fühlen vor der Macht der Natur: "Wir senken das Risiko von Schäden durch Überschwemmungen. Wir schließen aber damit Hochwasser nicht aus und schon gar nicht extreme Hochwasser."
Der Staat sagt seinen Bürgern: Wir können für euch so viele Schutzbauten errichten wie möglich, - so wie diese Anlage in Grimma - aber das Risiko bleibt bei euch.
Schnelle Warnsysteme an Flüssen als Lebensretter
Für ein Leben am Fluss ist es daher elementar, frühzeitig gewarnt zu werden, wenn die Flut anrollt. Dafür gibt es in Sachsen schon seit 2004 ein zentrales Landeshochwasserzentrum mit einem eigenen Nachrichtendienst. Rund um die Uhr werden hier 106 Hochwassermeldepegel überwacht. Seit drei Jahren gibt es zusätzlich ein Frühwarnsystem für die Gebirgsregionen.
Wer an Flüssen wie der Roten Weißeritz lebt, soll so noch schneller gewarnt werden. Es geht um Menschen wie Karl Günter Schneider - der fühlt sich tatsächlich besser informiert denn je.
Und trotzdem: eine mögliche Flutkatastrophe hat er immer vor Augen: "Und dann müssen wir auch wieder hier in den Wald hochklettern und uns in Sicherheit bringen. Das bleibt uns nicht aus." Und fügt hinzu: