Die Gelder stehen bereit und doch bleibt der Wiederaufbau im Ahrtal für alle Betroffenen eine Mammutaufgabe. Heute macht sich der Bundespräsident vor Ort ein Bild von der Lage.
Fragt man Helmut Lussi, den Bürgermeister von Schuld, wie viele Häuser in dem kleinen Ort an der Ahr seit Juli abgerissen wurden, schaut er sich um und beginnt zu zählen. Am Ende kommt er auf neun Häuser, die vom Hochwasser so stark zerstört wurden, dass sie einsturzgefährdet waren.
Lange Zeit war nicht klar, welche dieser Gebäude wieder aufgebaut werden können. Jetzt steht fest: vier Häuser in Schuld dürfen nicht mehr dort errichtet werden, wo sie früher einmal standen. Denn die Hochwassermarke wurde vonseiten der Behörden höher gesetzt. Gebiete, die durch künftiges Hochwasser überschwemmt werden könnten, wurden ausgeweitet. Bauland direkt an der Ahr fällt somit weg.
Gelder können seit September beantragt werden
Viele Fragen im Ahrtal drehen sich zurzeit um den Wiederaufbau und ums Geld. 15 Milliarden Euro aus dem Hilfspaket von Bund und Ländern sind für Rheinland-Pfalz bestimmt. Das Geld soll schnell und unbürokratisch bei den Menschen ankommen, so die Landesregierung. Seit Ende September können die rund 65.000 von der Flut betroffenen Menschen im Land Förderanträge auf wiederaufbau.rlp.de stellen.
Die phoenix-Bürgerdiskussion dieses Mal aus Dernau im Ahrtal mit dem Thema: Wie hat die Flutkatastrophe unser Land verändert? Anke Plättner und Alfred Schier sprechen und diskutieren mit betroffenen Bürgerinnen und Bürgern über die Folgen der Katastrophe.
Bis zum 8. Oktober haben sich hierfür rund 8.300 Privatpersonen und Unternehmen registriert. Die ersten Gelder für zerstörten Hausrat, also z. B. Einrichtungsgegenstände sollen ab Montag ausgezahlt werden, so eine Sprecherin des Finanzministeriums. Bei den Mitteln für die Kernsanierung eines Hauses oder gar einen kompletten Neubau ist die Lage komplizierter. Hierfür müssen erst entsprechende Gutachten erstellt werden. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer verspricht schnelle Hilfe und Beratung vor Ort in den betroffenen Ortschaften:
Mammutaufgabe Wiederaufbau
Schaut man sich im Flutgebiet um, drängt sich der Gedanke auf, dass schnellen Klärungen schnelle Umsetzungen folgen müssen. In Dernau beispielsweise ist der halbe Ort verwaist, weil viele Häuser durch das Hochwasser im Juli unbewohnbar wurden. Punktuell treffen wir auf freiwillige Helfer*innen, die den Putz von den Wänden stemmen. Nur vereinzelt sind Handwerksbetriebe bei der Arbeit zu sehen. Die Menge an Fachkräften passt bei Weitem nicht zum Bedarf, der hier benötigt wird.
Viele Bewohner*innen, die zurzeit außerhalb von Dernau untergebracht sind, wollten wieder nach Dernau zurückkehren, erzählt man uns. Trotz der allgegenwärtigen Zerstörung und der vielen Toten, die das Hochwasser im Ahrtal gefordert hat. Laut Polizeipräsidium Koblenz sind allein in Rheinland-Pfalz 135 Menschen im Zusammenhang mit der Flutkatastrophe gestorben. Heute, rund zwölfeinhalb Wochen später, werden immer noch zwei Menschen aus dem Bereich der Ahr vermisst.
Am 1. September wurde der Opfer mit einem Staatsakt auf dem Nürburgring gedacht, im Beisein des Bundespräsidenten. Wenn Frank-Walter Steinmeier heute Nachmittag Bad Neuenahr-Ahrweiler und Grafschaft besucht, geht es um den aktuellen Stand des Wiederaufbaus, um Gespräche mit Betroffenen, Helferinnen und Helfern. Und es geht um ein wichtiges Signal: Deutschland vergisst die Menschen im Flutgebiet nicht.
Bobby Cherian arbeitet im ZDF-Studio Rheinland-Pfalz.