Amazon kauft das Hollywood-Studio MGM für 8,5 Milliarden Dollar. Dahinter steckt ein langfristiger Plan, der Hollywood von Grund auf verändern könnte.
Die Film-Bibliothek des Hollywood Studios MGM liest sich wie das Inhaltsverzeichnis des Buchs 1.000 Filme, die man gesehen haben muss: Ben Hur, James Bond, Rocky. 4.000 Filme umfasst die Bibliothek des Filmstudios mit dem brüllenden Löwen als Markenzeichen.
Das ist aber nur ein netter Nebeneffekt für Amazon und nicht der eigentliche Grund, wieso der Tech-Gigant MGM gekauft hat. Denn hinter dem Deal steckt nicht etwa die Erweiterung des Film-Portfolios von Amazon Prime, vielmehr geht es um den Aufbau eines Imperiums.
Kampf um die Couch-Kundschaft
Das sagte Jeff Bezos, Chef von Amazon, den Aktionären auf der Jahresversammlung des Unternehmens. "Wir können dieses geistige Eigentum für das 21. Jahrhundert neu definieren und entwickeln." Und das ist im Kern das, worum es geht.
Die Corona-Pandemie hat den sowieso schon existierenden Trend des Streamings verstärkt. Kinos sind seit über einem Jahr geschlossen und Anbieter wie Netflix, Amazon Prime oder Disney Plus kämpfen um die Couch-Kundschaft.
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MGM war in Sachen Franchising bisher untätig
Weil gute Ideen für Serien und Charaktere nicht auf Bäumen wachsen, bietet es sich an, schon existierende Welten und Geschichten weiter zu spinnen. Spin-Off lautet das Zauberwort. Doch das ist teuer und MGM chronisch pleite, weswegen man bei Metro-Goldwyn-Mayer das goldene Zeitalter des Franchising bisher eher untätig aus den hinteren Reihen beobachtet hat.
Währenddessen haben Marvel und Lucas Film zusammen mit Disney unzählige Spin-Off-Filme wie die Avengers und Serien wie The Mandalorian produziert und damit Milliarden eingespielt. Die Untätigkeit von MGM hat nun ein Ende, wenn Amazon auf den Plan tritt.
"Stellen Sie sich vor, was Sie mit den Film- und Fernsehrechten des Löwen (MGM Anm. d. Red.) tun könnten, wenn Sie tatsächlich tief in die Tasche greifen würden, um das zu finanzieren“, sagt Lloyd Greif ein Investmentbanker der Washington Post.
Spin-Off mit Bond-Bösewicht Blofeld?
Mit 200 Millionen Abonnenten im Rücken nimmt Amazon Anlauf für eine neue Ära in Hollywood. Mehr Streaming, weniger Kino. Und so könnte es bald ein Spin-Off mit dem Bond-Bösewicht Blofeld oder eine Neuverfilmung von Natürlich Blond geben. Dass Amazon gewillt ist viel Geld in die Hand zu nehmen, zeigt schon die Produktion der Serie aus dem Herr der Ringe Kosmos. Kostenpunkt: 435 Millionen Euro für eine Staffel.
Doch eine Übernahme von Rechten mit viel Geld allein garantiert noch nicht den ganz großen Erfolg. Fast genauso wichtig ist das Personal, dessen Kreativität und Kontakte in der Filmbranche. Deswegen warten Hollywood-Insider jetzt gespannt darauf welche Zugänge sich Amazon und MGM ins Boot holen, um dann mit voller Power an den Start zu gehen.
Sebastian Ehm ist ZDF-Korrespondent in Washington.