Die Kassenärztliche Vereinigung Bremen wird ab Ende des Jahres Homöopathie nicht länger bezahlen. Die Entscheidung befeuert einen alte Debatte um die Wirkung von Globuli und Co.
Die Kassenärztliche Vereinigung Bremen will nicht mehr für Homöopathie bezahlen
Anlass für das erneute Aufflammen des Streits zwischen Befürwortern und Gegnern der Homöopathie ist die Entscheidung der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Bremens - also der Verrechnungsstelle zwischen Ärzten und Krankenkassen - homöopathische Behandlungen ab Ende des Jahres als erste KV nicht länger zu bezahlen.
Betroffen davon sind sogenannte Selektivverträge zwischen einigen kleineren Krankenkassen und der KV. Der Chef der KV Bremen, Dr. Bernhard Rochell begründet diesen Schritt dem ZDF gegenüber:
Solange man nicht einmal alle wissenschaftlich nachgewiesen Leistungen den Versicherten ersetzen könnte, sei dieser Schritt notwendig.
Wie Homöopathie arbeitet
Ihr Erfinder Samuel Hahnemann nannte zwei Grundsätze. Erstens: Ähnliches mit Ähnlichem behandeln, also eine Krankheit mit ihrem Erreger bekämpfen. Und das in extremer Verdünnung. Je verdünnter, desto stärker die Wirkung, glauben Homöopathen.
- Potenzierungsstufe C1 ist ein Gramm Wirkstoff auf 100 Milliliter, also ein Weinglas.
- C2 ist ein Gramm aus dem Weinglas auf zehn Liter.
- C4 wären 1 Gramm aus den zehn Litern auf einen Kühlwagen und so weiter und so weiter.
Die häufig verschriebene Potenzierung C30 ist ein Gramm Wirkstoff auf die zehntausendfache Masse des sichtbaren Universums.
Nach dem Verdünnen des Wirkstoffs kommt das sogenannte Verschütteln - nach Hahnemann am besten auf einem ledergebundenen Buch. Das soll Energie ins Wasser bringen, die das Wasser nach Überzeugung der Homöopathen speichert.
Keine Studien für Zulassung notwendig
Normalerweise vergehen für die Zulassung eines neuen Medikamentes Jahre. Studien und Metastudien prüfen den Kandidaten auf Wirksamkeit und Nebenwirkungen.
Ausschließlich bei Homöopathika sind für die Zulassung beim zuständigen Bundesinstitut keine wissenschaftlichen Studien notwendig, es reicht der sogenannte Binnenkonsens. Wenn mehrere Homöopathen in der zuständigen Abteilung glauben, dass ein Stoff wirkt, dann reicht das für die Zulassung. Das Amt wollte dem ZDF dazu kein Interview geben.
Ein Homöopathie-Hersteller nutzt einen juristischen Trick.
"Viele Phänomene im Leben, die wir uns nicht erklären können"
Mehr als bei klassischen Ärzten soll das Gespräch mit Patienten und Patientinnen ein Gesamtbild zeichnen (Anamnese): Lebensweise, Krankheitsvorgeschichte, auch Ertasten oder die Beschreibung der Symptome durch den Patienten gehört dazu - eine ganzheitliche Betrachtung. An deren Ende verschreibt der Homöopath die aus seiner Erfahrung passenden Globuli, die Zuckerkügelchen mit - oder je nach Sichtweise ohne - Wirkstoff.
"Ich denke, es gibt viele Phänomene im Leben, die rein materialistisch betrachtet, phänomenologisch betrachtet, vorhanden sind, obwohl wir sie uns nicht erklären können", sagt Dr. Ulf Riker, Internist und Homöopath aus München. Sicher ist zumindest, dass die Homöopathie gemessen an den Gesamtausgaben des Gesundheitssystems, nur Kosten im Promillebereich verursacht.
Apothekerin nimmt Globuli aus dem Sortiment
Doch darum geht es den Kritikern nicht. Jeder Cent dafür sei vergeudet, sagen die - solange wir nicht alles bezahlen können, was pharmakologisch nachweisbar wirkt. Zu den Kritikern gehört auch Iris Hundertmark, Apothekerin in Weilheim.
Sie entschied sich als erste deutsche Apothekerin, keine Globuli mehr im Sortiment zu führen. Wo nichts drin sei, da könne auch nichts wirken, sagt sie, Glaube habe in ihrer Apotheke nichts verloren. Ein Beweis der Wirkungslosigkeit liegt für sie allein schon darin, dass Globuli keine Nebenwirkungen haben.