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Gesundheitsgefahr Energydrinks:Influencer-Werbung gefährdet Kinder
von Maren Ehret, Cordelia Strauß, Gunnar Krüger und Susan Odenthal
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Social-Media-Stars werben für Energydrinks, auch wenn ihr Publikum sie nicht verträgt. Wie die Branche mit ihrer Verantwortung umgeht und was die Politik regeln will.
Viele Kinder und Jugendliche wissen nicht, welche Folgen Koffein für sie haben kann.
Quelle: Imago
Eine Autowerkstatt in Pfullingen bei Stuttgart. Normalerweise bringen Erwachsene hier ihre Autos zur Reparatur. Doch an diesem Sonntag drängen sich dutzende Kinder, die Augen auf die Bühne gerichtet.
Plötzlich Freudenschreie: "Lewinray" betritt die Bühne. Der 21-Jährige ist ein Idol für Kinder und wirbt gleichzeitig für ein Getränk, das für sein Publikum riskant ist.
Product Placement für die Jüngsten auf Tiktok und Youtube
Lewin Ray Wester ist mit 2,7 Millionen Followern auf TikTok und 1,6 Millionen auf YouTube ein Star. Sein erstes Musikvideo wurde von der Energydrink-Marke Effect unterstützt.
Die jungen Zuschauer sehen ihn auch in seinen TikToks und Insta-Reels nicht selten mit einem Energydrink in der Hand. Verantwortungslos sei das, meint Rebekka Siegmann von Foodwatch.
Wenn man eine junge Zielgruppe hat und mit dieser sein Geld verdient, dann muss man sich der Verantwortung bewusst sein, die man für diese Kinder trägt.
Rebekka Siegmann, Foodwatch
Die Verbraucherschutzorganisation hat am Mittwoch einen Report vorgestellt, aus dem das ZDF-Magazin frontal vorab berichtete.
Risiko für Kinder: Blutdruck und Herzfrequenz erhöht
Zu den Risiken von Energydrinks für Kinder und Jugendliche forscht der Münchener Kardiologe Nikolaus Haas. Kinder, die einen Energydrink trinken, hätten auch noch 24 Stunden nach dem Verzehr der koffeinhaltigen Getränke einen höheren Blutdruck und eine höhere Herzfrequenz.
Kinder und Jugendliche, die diese Drinks konsumieren, seien anfälliger für Herzrhythmusstörungen und schliefen im Schnitt eine Stunde weniger - und das schon bei der von der EU empfohlenen Höchstdosis von drei Milligramm Koffein pro Kilogramm Körpergewicht.
Die Kinder trinken also ein Getränk, das bei ihnen unmittelbare physiologische Reaktionen hervorruft.
Nikolaus Haas, LMU München
Das bleibe langfristig nicht ohne Folgen, meint Professor Haas.
Experte empfiehlt Altersbeschränkung für Energydrinks
In einer laufenden Studie sagten rund 70 Prozent aller Kinder zwischen 13 und 15 Jahren, sie hätten die Drinks schon probiert. Auch Julia (15) und Milena (14) hat es geschmeckt. Doch gut ging es ihnen nach dem Genuss nicht.
Man merkt schon, dass das Herz schneller schlägt.
Julia Fischer, 15 Jahre
Sie könne es nicht genau beschreiben, aber merke, dass sich etwas verändert hat, erzählt Julia. Milena berichtet von einem schmerzhaften Stechen in der Brust.
Haas warnt, viele Kinder und Jugendliche seien sich der Effekte und gesundheitlichen Folgen von Energydrinks nicht bewusst oder unterschätzten sie. Daher befürworte er eine gesetzliche Altersbeschränkungen für die Abgabe von Energydrinks.
Forderung nach mehr Regulierungen von Koffein-Brause
Das forderte der Bürgerrat "Ernährung im Wandel", ein Demokratie-Experiment des Bundestags bereits 2023. Bürgerratsmitglied Sandra Raubenheimer erklärt gegenüber ZDFheute die Absicht: "Man möchte so Eltern oder andere Menschen, die auf Kinder aufpassen, unterstützen, dass sowas nicht so leicht konsumiert werden kann."
Bei der SPD steht eine Altersgrenze im Wahlprogramm. In den laufenden Koalitionsverhandlungen scheint sie sich damit allerdings nicht durchsetzen zu können.
ZDFheute liegt ein Papier der Arbeitsgruppe "Ländliche Räume, Landwirtschaft, Ernährung und Umwelt" vor. Darin heißt es lediglich: "Dazu prüfen wir die Empfehlung des Bürgerrats eines Verkaufs von Energydrinks erst ab 16 Jahren."
Werbeverbot für Energydrinks?
Und ein Werbeverbot? Die Branche lehnt es ab. Andreas Kadi von Energy Drinks Europe erklärte bei einer Anhörung im Bundestag im September: "Die Zielgruppe sind junge Erwachsene. Natürlich ist es auch möglich, dass es hier Mitnahmeeffekte gibt, aber was Marketing und die Werbung der Firmen betrifft, ist das die erklärte Zielgruppe."
Fragen zu "Mitnahme-Effekten" will Lewin Ray Wester, der Influencer mit dem jungen Publikum, nicht beantworten. Sein Vater, der auch sein Manager ist, verweist auf die Eigenverantwortung von Konsumenten.
Jeder Mensch hat einen freien Willen, und für Kinder, die möglicherweise zu jung sind, entscheiden ihre Eltern.
Manager und Vater von "Lewinray"
Quelle: dpa
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