Inge Deutschkron erzählte ihre dramatische Überlebensgeschichte in der Autobiografie "Ich trug den gelben Stern". Nun ist die wichtige Zeitzeugin im Alter von 99 Jahren gestorben.
Die Holocaust-Überlebende Inge Deutschkron ist im Alter von 99 Jahren gestorben. Das bestätigte die Schwarzkopf-Stiftung Junges Europa am Mittwoch unter Berufung auf ihr persönliches Umfeld. Deutschkron war mit ihrer Autobiografie "Ich trug den gelben Stern" über ihre dramatische Überlebensgeschichte als Jüdin in Berlin bekannt geworden.
"Mit Inge Deutschkron haben wir eine bedeutende jüdische Zeitzeugin des nationalsozialistischen Terrors in unserer Stadt verloren", erklärte der Präsident des Abgeordnetenhauses, Dennis Buchner.
Versteckt überlebten Deutschkron und ihre Mutter die Terrorherrschaft
Am 23. August 1922 in Finsterwalde geboren, wuchs Deutschkron seit 1927 in Berlin auf. Als es nach der Machtübernahme der Nazis 1933 immer schwieriger für Juden wurde, Arbeit zu bekommen, fand Inge 1941 in der Blindenwerkstatt von Otto Weidt mit gefälschten Papieren eine Anstellung. "Weidt hasste die Nazis und tat alles, um seinen jüdischen Arbeitern zu helfen. Wir alle verehrten ihn und nannten ihn Papa."
Zu Zeiten der Nazi-Herrschaft erfuhr sie als Jüdin in Berlin Hass, Diskriminierung und Verfolgung. Ende 1942 wurden die letzten Mitglieder ihrer Familie in die Konzentrationslager der Nazis deportiert. Einzig Vater Martin Deutschkron hatte nach England auswandern können. Mutter und Tochter gelang die Ausreise nicht mehr, sie mussten untertauchen.
1943 kam dann das Angebot der Arbeiterfamilie Gumz:
Am Tag, als sie den gelben Judenstern abnahm, begann ihr Leben auf der Flucht, von Versteck zu Versteck - darunter ein ehemaliger Ziegenstall und ein Bootshaus an der Havel.
Es gibt immer weniger Holocaust-Überlebende, die über die Gräueltaten der Nationalsozialisten berichten können.
Deutschkron spricht jahrzehntelang als Zeitzeugin
Später arbeitete Deutschkron in Deutschland und Israel. 2013 hielt sie im Bundestag beim Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus eine bewegende Rede. Als wache Mahnerin wider das Vergessen erzählte sie viele Jahrzehnte lang jungen Menschen ihre Lebensgeschichte. Ihre dramatische Autobiografie "Ich trug den gelben Stern", 1978 erschienen, machte sie berühmt.
Ungeachtet ihres Alters besuchte Deutschkron als Zeitzeugin unzählige Schulen und ermöglichte Begegnungen zwischen Holocaust-Überlebenden und Berliner Schülerinnen und Schülern. Zudem gründete sie den Förderverein "Blindes Vertrauen" und rief im Rahmen ihrer Stiftung zu Courage auf.
Buchner: Deutschkron war "Verteidigerin demokratischer Werte"
"Inge Deutschkron war eine nachdrückliche Verteidigerin demokratischer Werte", würdigte Abgeordnetenhaus-Präsident Buchner Deutschkron am Mittwoch. "Wer Inge Deutschkron persönlich begegnen durfte, wird das nie vergessen. Wir trauern um eine starke Berlinerin."
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