Internationaler Tag des Tanzes 2025: Vom Gehör in die Muskeln
Internationaler Tag des Tanzes:Es ist nie zu spät, um tanzen zu lernen!
von Christian Thoman-Busse
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Sie tanzen gerne? Eine gute Nachricht - nicht nur, weil heute Internationaler Tag des Tanzes oder morgen Tanz in den Mai ist. Denn: Tanzen tut uns ein Leben lang sehr gut.
Ob mit Einschränkung oder ohne, jung oder alt - beim Community Dance tanzt jede*r mit jedem. Ein Raum für Vielfalt, Freiheit und Verbindung.29.04.2025 | 2:47 min
Früher einmal war der Besuch einer Tanzschule so etwas wie ein gesellschaftliches Muss. Das mag sich geändert haben, aber noch immer gibt es laut der Listflix-Firmendatenbank in Deutschland fast 4.500 Tanzschulen. Und der Deutsche Tanzsportverband berichtet über aktuell rund 200.000 Mitglieder - drei Viertel davon im Hobby- und ein Viertel im Leistungssportbereich. So viel zu den organisierten Tänzerinnen und Tänzern.
Die verschiedene Gesichter des Tanzes
Tanz hat aber noch viel mehr Gesichter und Erscheinungsformen.
In der Forschung bezeichnet man jegliche Bewegung zu einem Rhythmus als Tanzen.
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Dr. Julia F. Christensen, Psychologin und Neurowissenschaftlerin und ehemalige Profi-Balletttänzerin
Die Psychologin und Neurowissenschaftlerin Julia F. Christensen, ehemalige Profi-Balletttänzerin und Buchautorin ("Tanzen ist die beste Medizin", "Der Flow-Kompass") arbeitet am Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik in Frankfurt am Main.
18 Weltmeistertitel haben die Ü30 Hip-Hopper von "RokkaZ" aus Potsdam schon gewonnen. Sogar Schauspieler Tom Hanks hat schon mittrainiert.07.04.2025 | 2:17 min
Das Tanzen ist uns, so Christensen, in die Wiege gelegt. "Schon Neugeborene synchronisieren ihre Gehirnwellen zu einem Rhythmus. Das lässt sich über eine Messung der Hirnströme klar belegen." Kleinkinder, die sich unvermittelt zu Musik bewegen - oder auch Erwachsene, die vielleicht etwas zurückhaltender mit dem Füßen wippen oder mit dem Kopf nicken: Musik macht was mit uns. Ganz automatisch.
Und wir können noch viel mehr daraus machen. Tanzen in bestimmten Stilen - Standard- oder Lateintänze zum Beispiel - folgt einem choreografierten Ablauf. So wie Autofahren auch. "Wir lernen es über einen längeren Zeitraum, und je mehr die Bewegungen automatisiert sind, desto stärker können wir uns auf Ausdruck und Emotionen konzentrieren", sagt Julia F. Christensen.
Zur Einstimmung auf den Internationalen Tanztag tanzten Tausende in Mexico-City zu Salsa- und Cumbia-Klängen durch die Straßen 27.04.2025 | 0:21 min
Was Tanzen ausmacht
Drei Säulen sind die Basis fürs Tanzen:
Zum einen die aerobe Sportart, die das Herz auf 140 Schläge pro Minute bringen kann. Gut für die Fitness? Check!
Zum anderen eine expressive Aktivität mit einem ganz besonderen Effekt auf unser Hormonsystem. "Es ist der Wirkungsfaktor des Ausdrucks, der gegen Angst und depressive Verstimmungen hilft. Erste Studien zeigen sogar, dass krankmachende Prozesse durch das Tanzen zurückgeschraubt werden können", weiß die Neurowissenschaftlerin. Gut für die Psyche? Check!
Und dann noch die soziale Komponente: "Tanzen hilft dabei, unser Immunsystem zu regulieren. Das Lächeln, die Umarmungen, das alles sind Reize, die von unseren Sinnen, über lange Nervenbahnen, durchs Rückenmark, ins Gehirn übermittelt werden und sich positiv auswirken." Gut für die Immunregulation? Check!
Genau genommen, so Christensen, sei Tanzen für unser Gehirn ein Multitaskingproblem, das bei all dem, was da gelöst werden muss, eigentlich unlösbar ist. Und dennoch schaffen wir es mit Unterstützung durch die Musik.
Vielleicht ist Tanz auch deshalb hilfreich dabei, das Gehirn mit Blick auf Demenz frisch zu halten. Alle unsere Sinne sind da bei der Arbeit.
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Dr. Julia F. Christensen, Psychologin und Neurowissenschaftlerin und ehemalige Profi-Balletttänzerin
Discofox, Salsa, Cha-Cha-Cha. Viele verbinden mit der Tanzschule mehr als nur Tanzschritte.23.04.2024 | 28:35 min
Zurück zum Tanz finden
Standard, Latein oder einfach Freestyle in der Disco: Immerhin 57 Prozent der Frauen in Deutschland tanzen laut einer Umfrage aus dem Jahr 2017 gerne. Aber nur 46 Prozent der Männer sagen Ja zum Tanz. Woran liegt´s? "Das sind kulturelle Prägungen, die uns im Weg stehen", sagt Christensen. Europa sei stark von Kant beeinflusst: Wer etwas nicht perfekt praktiziert, lässt es besser, die 'hohe Kunst'. Hinzu komme ein gesellschaftliches Körperbewusstsein, bei dem Stillsitzen und Selbstkontrolle tief verwurzelt seien.
Für eine zweite Chance ist es jedoch nie zu spät. "Versuchen Sie für einen Wieder- oder Neueinstieg ins Tanzen doch einfach mal, jeden Tag eine halbe Stunde im Takt der Musik spazieren zu gehen", empfiehlt Julia F. Christensen. Vom Gehör in die Muskeln: Es funktioniert wirklich!
Offen, verträglich, extrovertiert: So sind Menschen, die tanzen - jedenfalls im Vergleich zu ihren Mitmenschen, die nicht tanzen. Das hat eine neue Studie ergeben.
mit Video
Quelle: dpa
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