Sich innerhalb der Katholischen Kirche zu outen, kann noch heute zur Kündigung führen. 125 von ihnen wollen das nicht mehr hinnehmen. Die Bischofskonferenz zeigt Anerkennung dafür.
In einer beispiellosen Aktion haben sich 125 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der katholischen Kirche als queer geoutet und ein Ende ihrer Diskriminierung gefordert. Unter ihnen sind Priester, Gemeinde- und Pastoralreferentinnen, Religionslehrer und Religionslehrerinnen, aber auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus der kirchlichen Verwaltung.
Als queer bezeichnen sich nicht-heterosexuelle Menschen beziehungsweise Menschen, die sich nicht mit dem traditionellen Rollenbild von Mann und Frau oder anderen gesellschaftlichen Normen rund um Geschlecht und Sexualität identifizieren.
- Wofür steht eigentlich LGBTQI?
LGBTQI steht für Menschen, die wegen ihrer sexuellen Orientierung, Geschlechtsidentität oder ihres Körpers von der heterosexuellen Norm abweichen. Was bedeuten die Buchstaben?
Vatikan: Homosexuelle Partnerschaften entsprechen nicht Gottes Plänen
Sie fordern eine Änderung des kirchlichen Arbeitsrechts, so dass die sexuelle Orientierung und die geschlechtliche Identität künftig kein Kündigungsgrund mehr sind. Außerdem sollen diffamierende Aussagen zu Geschlechtlichkeit und Sexualität aus der kirchlichen Lehre gestrichen werden.
Der Zugang zu den katholischen Sakramenten und zu allen Berufsfeldern der Kirche dürfe ihnen nicht mehr vorenthalten werden. Im vergangenen März hatte der Vatikan noch einmal klargestellt, dass homosexuelle Partnerschaften nicht den Plänen Gottes entsprächen.
Ungenügende Aufklärung, Unzufriedenheit an der Basis, fehlende Reformen – die Probleme der katholischen Kirche sind groß, immer mehr Mitglieder wenden ihr den Rücken zu.
Beziehung 40 Jahre lang verheimlicht
Pfarrer Bernd Mönkebüscher aus Hamm, der 2021 bereits bundesweite Segnungsgottesdienste für homosexuelle Paare mit initiiert hatte, sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Aktion sei durch das Coming-Out - also das Öffentlichmachen der sexuellen Orientierung oder Identität - von 185 Schauspielerinnen und Schauspielern im vergangenen Jahr inspiriert worden.
Monika Schmelter (65) aus Lüdinghausen im Münsterland zum Beispiel hat die Beziehung zu ihrer heutigen Frau 40 Jahre verheimlicht, weil sie selbst bei der Caritas arbeitete und ihre Partnerin Religionslehrerin war. Als es irgendwann doch durchgesickert sei und sie sich ihrem Chef anvertraut habe, sei von dem die Ansage gekommen:
Appell zur Unterstützung an Bischöfe
Die Initiative, die nun die Öffentlichkeit gegen solchen Druck von Seiten der Kirche mobilisieren will, trägt den Namen "#OutInChurch. Für eine Kirche ohne Angst". Das Netzwerk ruft alle LGBTIQ+-Personen, die haupt- oder ehrenamtlich für die katholische Kirche tätig sind, dazu auf, sich der Initiative anzuschließen.
An die Bischöfe geht der Appell, öffentlich ihre Unterstützung für das Manifest zu erklären. LGBTIQ steht für Lesbisch, Schwul, Bisexuell, Trans, Inter und Queer, das Pluszeichen steht für weitere Identitäten und Geschlechter.
Der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann, kritisierte, dass queere Menschen immer noch in allen Lebensbereichen auf Ablehnung und Diskriminierung stießen: "Auch die römisch-katholische Kirche ist bislang kein Ort, an dem queere Menschen selbstverständlich zu ihrer sexuellen und geschlechtlichen Identität stehen können."
"Transgeschlechtlichkeit existiert, die existierte schon immer" und wichtig sei die Anerkennung, sagt Sven Lehmann (B‘90/Grüne), Queer-Beauftragter der Bundesregierung.
Die Initiative sei ein "ebenso wegweisendes wie hoffnungsvolles Signal". Auf Twitter lobte er den Mut.
Deutsche Bischofskonferenz zeigt Anerkennung
Im Namen der Deutschen Bischofskonferenz begrüßte der Aachener Bischof Helmut Dieser die Initiative. Sie sei ein Zeichen dafür, dass man daran arbeite, dass ein Klima der Angstfreiheit in der Kirche herrschen und entstehen müsse.
Auch der Hamburger Erzbischof Stefan Heße äußerte sich anerkennend. "Ich habe Respekt vor den Menschen, die sich in dieser Aktion zu ihrer sexuellen Orientierung bekennen", sagte er:
Die kirchliche Reforminitiative Maria 2.0 nannte es einen "Skandal", dass "man im Jahr 2022 in Deutschland Mut braucht, um sich zum Queersein zu bekennen".