Georg Menne, der als Ministrant vom Pfarrer missbraucht wurde, hat das Erzbistum Köln auf 725.000 Euro verklagt. Ein Präzedenzfall, auf den andere Betroffene ihre Hoffnung setzen.
Hunderte Male wurde Georg Menne als Ministrant von einem Pfarrer missbraucht - jetzt hat er das Erzbistum Köln auf 725.000 Euro Schmerzensgeld verklagt. Ein Präzedenzfall, denn es ist die deutschlandweit erste Schmerzensgeldklage eines Betroffenen sexualisierter Gewalt gegen die Kirche als Institution. Und Mennes Anwalt rechnet schon mit weiteren Klagen von Missbrauchsbetroffenen.
Im Fall von Georg Menne ist der Missbrauch laut Anwalt nachgewiesen: Der beschuldigte Priester habe die Taten vor seinem Tod zugegeben. Man kann davon auch lesen im so genannten Gercke-Gutachten, das das Erzbistum Köln selbst in Auftrag gegeben hat. Der Priester wurde im Jahr 2014 mit Berufsverbot, Entzug des Titels und Geldstrafe belegt. Zudem erging gegen ihn die Auflage, sich künftig nicht mehr Kindern zu nähern.
Anwalt: Kirche kann sich nicht auf Verjährung berufen
Die Kirche hat Georg Menne auch Geld für die Anerkennung des erlittenen Leids gezahlt, insgesamt 25.000 Euro. Freiwillige Anerkennungsleistungen, die sich auf strafrechtlich verjährte Taten beziehen, denn Georg Menne wurde in den 70er Jahren missbraucht. Genau darauf setzt nun Mennes Anwalt Eberhard Luetjohann bei der zivilrechtlichen Klage.
Wenn die Kirche für verjährte Taten Anerkennungsleistungen zahle, könne sie sich in einem Zivilverfahren nicht auf Verjährung berufen. Die Anerkennungsleistungen der Kirche stünden in keinem Verhältnis zum erlittenen Leid: Wer eine Vergewaltigung erleiden musste, erhalte bis zu 100.000 Euro Schmerzensgeld. Sein Mandant sei mehr als 300 Mal missbraucht worden.
Zudem habe Georg Mennes Leid als Erwachsener nicht aufgehört, er habe Schlafstörungen gehabt, war jahrelang in Therapie. Und es wurde bekannt, dass das Erzbistum früh von den Vorwürfen gegen den Priester wusste, der damalige Erzbischof Joseph Höffner genau wie andere Kleriker.
Missbrauchsbeauftragte Claus befürwortet Klage
Die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus, befürwortete die Schmerzensgeldklage: Für die Betroffenen sei der Weg mühsam und belastend, aber es gebe so Klarheit, ob Amtspflichten verletzt wurden.
Das Erzbistum wollte keine Stellungnahme abgeben, weil ihm die Klageschrift noch nicht vorliege. Die ist gerade erst beim Landgericht Köln eingegangen. Hier wurde übrigens jüngst erst ein Pfarrer wegen sexuellen Kindesmissbrauchs zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Frühestens im November dürfte die Klage dann verhandelt werden - es wird ein Termin sein, auf den viele Betroffene ihre Hoffnungen richten.
Dorthe Ferber ist Leiterin des ZDF-Studios in Nordrhein-Westfalen.