Vor einem Jahr wurde das EU-weite Einwegplastikverbot eingeführt. Zwei Experten sehen Erfolge, aber äußern auch Kritik am ökologischen Nutzen. Ein Überblick.
Heute vor einem Jahr trat das Einweg-Plastik-Verbot der EU in Kraft. Ein Aus für Plastik-Strohhalme, Styropor-Becher oder Einweg-Besteck. In Deutschland ist zudem seit 2022 die Ausgabe von Plastik-Einkaufstüten im Handel verboten.
Lager-Bestände durften zunächst noch aufgebraucht werden. Doch dann mussten sich die Betriebe umstellen. Für Henning Wilts vom Institut für Klima, Umwelt und Energie in Wuppertal war das Verbot ein erster wichtiger Schritt:
Mit diesen Tricks simuliert McDonald’s Nachhaltigkeit.
Wilts: Industrie sucht nach Einwegplastik-Alternativen
Die Industrie habe verstanden, dass die Europäische Kommission "auch zu massiven Markteingriffen in Form von Produktverboten bereit ist und dies auch von der Bevölkerung mitgetragen wird", stellt Wilts fest.
Dementsprechend sei "in vielen Bereichen tatsächlich ein Umdenken erkennbar".
Über die verbotenen Produkte hinaus habe die Einwegplastik-Richtlinie also auch eine intensive Debatte darüber angestoßen, wo der Einsatz von Kunststoff tatsächlich sinnvoll ist.
Schon jetzt wurden die Einwegplastikprodukte häufig durch Produkte aus Naturmaterialien ersetzt, wie beispielsweise:
- Trinkhalme aus Bambus
- Besteck aus Holz
- Teller aus Pappe
- Trinkhalme aus Metall
Ab 2025 soll es eine Sonderabgabe auf Einwegplastik geben - das Geld soll Kommunen zugutekommen:
Der Bundestag hat eine Sonderabgabe auf Produkte mit Einwegplastik ab dem Jahr 2025 beschlossen.
Problem: Was ist sinnvoll und was ist Greenwashing?
Die Kehrseite des Verbots sei laut Wilts, dass Verbraucher*innen dabei auch vermeintlich umweltfreundliche Alternativen angeboten werden, die mit Blick auf den gesamten Lebenszyklus der Produkte kein Stück besser abschneiden.
Hier sei der Gesetzgeber gefordert, für mehr Transparenz zu sorgen und die Verbraucher*innen bei ihren Konsumentscheidungen zu unterstützen: "Was ist wirklich sinnvoll und was ist reines Greenwashing?"
Auf europäischer Ebene sollte daher auch dringend diskutiert werden, nicht nur Einwegprodukte aus Plastik in den Blick zu nehmen, sondern insgesamt klare Anreize für den Ausstieg aus der Wegwerf-Gesellschaft zu setzen, so Wilts.
Beim Verbot einzelner Produkte sollte dabei auch immer mitbedacht werden, auf welche Alternativprodukte der Markt vermutlich ausweichen wird.
Wie ökologisch sinnvoll ist das Einwegplastik-Verbot?
David Laner vom Fachbereich Bauingenieur- und Umweltingenieurwesen an der Uni Kassel sieht den ökologischen Nutzen des Verbots kritisch. Es führe dazu, dass Verbraucher*innen im Jahr 0,4 Kilogramm weniger Einweg-Plastikmüll erzeugen. "Das entspricht im Vergleich etwa 1,6 Prozent der jährlichen Kunststoffverpackungs-Abfallmenge aus Privathaushalten", stellt Laner fest.
So sterben Tiere an Plastikmüll:
Einkaufstüten, Flaschen oder leere Tuben – jedes Jahr landen Millionen Tonnen Plastikmüll in unseren Meeren.
Auch zum Ziel der Reduktion von Kunststoffeinträgen in die Meere kann das Einwegkunststoff-Verbot seiner Ansicht nach nur einen geringen Beitrag leisten:
Grund dafür sei, dass Kunststoffabfälle aus der EU heutzutage aufgrund der geordneten Entsorgung und Verwertung in der Regel nicht im Meer landen und die größten Kunststoffeinträge in anderen Teilen der Welt stattfinden.
Trotzdem habe das Verbot die öffentliche Aufmerksamkeit geschärft. Die Diskussion sollte allerdings nicht nur beschränkt auf Kunststoffe, sondern generell für Einwegprodukte geführt werden, um in Sinne der Kreislaufwirtschaft Abfälle zu vermeiden, so Laner.
- Ein Enzym, das Plastik frisst
Der Name ist unspektakulär: PHL7. Christian Sonnendecker und sein Team der Uni Leipzig haben das Enzym entdeckt. Es könnte eine Lösung für das globale Plastikmüllproblem sein.