Studie: Welt hinkt bei CO2-Entnahme hinterher

    FAQ

    Studie zur Treibhausgas-Entnahme:Wie holen wir mehr CO2 aus der Atmosphäre?

    Mark Hugo
    von Mark Hugo
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    CO2 muss aktiv aus der Atmosphäre geholt werden, um die Klimaziele zu erreichen - auch mit technischen Mitteln. Noch reichen die Pläne dazu längst nicht aus, zeigt eine Studie.

    Diese Anlage in Island filtert jährlich 4000 Tonnen Kohlendioxid aus der Luft.
    Diese Anlage in Island filtert jährlich 4.000 Tonnen Kohlendioxid aus der Luft.
    Quelle: M. Hugo/ZDF

    Die CO2-Entnahme aus der Atmosphäre mittels technischer Lösungen läuft zu langsam. Zu diesem Schluss kommt die erste "Globale Bestandsaufnahme" zur Entnahme von Kohlendioxid, an der neben der Universität Oxford auch deutsche und amerikanische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beteiligt waren. Ihr Appell: Gerade technische Methoden müssten dringend vorangebracht werden.  

    Warum soll CO2 aus der Atmosphäre geholt werden?

    Noch steigt der globale Treibhausgasausstoß Jahr für Jahr an. Selbst wenn er schnell so weit wie möglich reduziert wird, würde das für das Pariser Klimalimit von höchstens zwei, möglichst aber 1,5 Grad Erwärmung nicht reichen. Der Grund sind unvermeidbare Emissionen, etwa bei der Zementherstellung, sowie die Tatsache, dass sich Kohlendioxid (CO2) in der Atmosphäre erst nach Jahrhunderten abbaut.
    Wie sich der CO2-Ausstoß seit 1990 entwickelt hat
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    Auch der Weltklimarat ist da eindeutig: Ohne so genannte "negative Emissionen", also die Entnahme von Treibhausgasen, wird die notwendige "Netto-Null" beim Ausstoß nicht erreicht werden.
    "Es geht hier nicht um ein Kann. Es ist wirklich ein Muss", sagt Co-Autor Prof. Jan Minx vom Berliner Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC).     

    Wie viel CO2 muss entnommen werden, um die Klimaziele zu erreichen?

    Weltweit werden jährlich 37 Gigatonnen Kohlendioxid ausgestoßen. Aktuell werden etwa zwei Gigatonnen der Atmosphäre wieder entzogen, vor allem durch Aufforstungen. Mit technischen Methoden sind es sogar nur 0,002 Gigatonnen.
    "Da stehen wir wirklich noch total am Anfang," so Prof. Minx. Laut Bestandsaufnahme müsste die Kapazität um Faktor 30 bis 2030 ansteigen und um Faktor 1.300 bis Mitte des Jahrhunderts.
    Grundsätzlich gilt: Je rascher und tiefgreifender der Treibhausgas-Ausstoß reduziert wird, desto weniger negative Emissionen werden nötig sein. Der Weltklimarat geht aber bei allen Szenarien davon aus, dass in diesem Jahrhundert zwischen 100 und 1.000 Gigatonnen CO2 entnommen werden müssen.  

    Wie kann CO2 technisch aus der Atmosphäre geholt werden?

    Es gibt bereits viele funktionierende Ansätze. Einige greifen schlicht das CO2 ab, das etwa bei der Erzeugung von Bioenergie entsteht. Spektakulärer ist die Anlage "Orca" in Island, die jährlich 4.000 Tonnen CO2 aus der Luft filtert und es im Anschluss tief im vulkanischen Boden versteinert und dort lagert. Eine britische Firma holt in Marokko mit Hilfe von speziellen Algen das Treibhausgas aus der Atmosphäre.
    CO2 Filtermaschine Island
    Die Anlage „Orca“ filtert das Treibhausgas CO2 aus der Atmosphäre und presst es in die Erde, die gesäuberte Luft kann entweichen. Eine Möglichkeit im Kampf gegen den Klimawandel?07.11.2022 | 1:58 min
    Auch in Pflanzenkohle - hergestellt zum Beispiel aus Grünabfällen - kann Kohlenstoff dauerhaft gespeichert werden. Sehr großes Potenzial hat die "beschleunigte Verwitterung". Dabei wird zum Beispiel auf Äckern Basaltmehl ausgebracht. Das bindet CO2 ebenfalls dauerhaft und sicher. Es gibt viele verschiedene Ansätze, die unterschiedlich weit ausgereift sind.

    Statt uns auf eine oder zwei zu fokussieren, sollten wir ein Portfolio fördern, damit wir schnell auf netto null kommen, ohne uns zu sehr auf eine einzige Methode zu verlassen.

    Steve Smith, Oxford University

    Woran hakt es und wie lässt sich die Lücke schließen?

    Für die CO2-Entnahme habe die Politik derzeit noch keinen Plan, kritisiert Prof. Jan Minx. Das zeige der Blick auf die nationalen Klimaziele fast aller Länder: "Da sehen wir, dass die anvisierten Mengen der CO2-Entnahme nur geringfügig größer sind als die heutigen Mengen." Neuartige Methoden spielten außerdem fast keine Rolle.
    Dabei müsse jetzt ambitioniert ausgebaut werden, damit sich der Klimaschutz vor allem in der zweiten Jahrhunderthälfte auf negative Emissionen konzentrieren könne.

    CO2-Entnahmen werden nicht vom Himmel fallen. Wir müssen dafür was tun.

    Prof. Jan Minx, MCC

    Mark Hugo ist Redakteur in der ZDF-Umweltredaktion.

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