Großer Frust als Antrieb: Aus Sorge um ihre Zukunft engagieren sich junge Menschen in Deutschland zunehmend aktiv in Umweltorganisationen. ZDFheute hat sich dort umgehört.
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Wie deprimierend Corona-Zeit, Klimakrise und damit verbunden ungewisse Zukunftsaussichten auf junge Menschen wirken können, bestätigen wissenschaftliche Studien beinahe im Wochentakt. Das ist die eine Seite.
Auf der anderen Seite geschieht nun das: Zehntausende junge Menschen in Deutschland engagieren sich zunehmend aktiv in verschiedensten Organisationen, um die Welt in ihrem Sinn zu verändern.
"Politik wird ihrer Verantwortung nicht gerecht"
Lukas Kiefer ist einer von ihnen. Der 25-jährige Student aus Eberswalde engagiert sich seit Jahren für den Klimaschutz mit dem Fokus auf "nachhaltige Mobilität". Er formuliert seine Motivation dafür so:
Kiefer ist anlässlich der UN-Klimakonferenz auch nach Glasgow gereist, um gemeinsam mit Tausenden Gleichdenkenden Druck auf die Politik auszuüben, wie er hofft. Denn, so sagt er: "Während die Wissenschaft seit Dutzenden Jahren darauf hinweist, mit welchen Folgen wir rechnen müssen, wird die Politik ihrer Verantwortung nicht gerecht."
Großer Frust, große Motivation bei Jugendlichen
Die Stimmung unter jungen Menschen erlebe er als "sehr frustriert und gleichzeitig sehr optimistisch". Frustriert, weil allen bewusst sei, "dass wir uns mit dieser Klimapolitik langfristig sehr großen Gefahren aussetzen".
Gleichzeitig spüre Lukas Kiefer bei sich selbst und anderen "diese große Motivation, etwas zu verändern, weil wir fest überzeugt sind, dass es besser werden kann - und besser werden wird".
Umweltschützer von "Insulate Britain" legen seit Wochen den Verkehr in Teilen Großbritanniens den Verkehr lahm. Ihre Forderung: Die Regierung soll schlecht gedämmte Häuser isolieren.
Umweltorganisationen haben regen Zulauf
Indes berichten große und kleine Umweltorganisationen ZDFheute von stark gestiegenen Anfragen junger Menschen, die sich um ihre Zukunft sorgten und aktiv werden wollten. Einige Beispiele:
- "Tausende neue Mitglieder" hat die Naju, die Jugendorganisation des Naturschutzbunds Deutschlands (Nabu) seit 2018 aufgenommen. "Immer mehr junge Menschen beteiligen sich auch aktiv an Aktionen wie Naturschutzeinsätzen", so Nabu-Sprecher Roland Panter.
- "Es ist ganz klar zu spüren, dass Fridays For Future einen neuen Schwung in die Jugend-Umweltbewegung gebracht hat und Jugendliche dadurch neu erreicht wurden, die sich bisher nicht engagiert hatten." Davon profitierte auch die WWF Jugend, berichtet Sprecher Marcel Gluschak.
- "Dass die sichtbare Krise und der Funke, der von der Jugend seit mehr als drei Jahren versprüht wird, aktiviert, sehen wir auch in unserer Arbeit", sagt Lars Forjahn vom Verein Primaklima, der zum Beispiel im Rahmen von Schulprojekten Bäume gemeinsam mit Kindern pflanzt.
- Von einem "regen Zulauf" in die Jugendorganisation des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) berichtet auch Sprecherin Lea Fraider. Ein sehr großes Interesse bestehe an Arbeitskreisen zu den Themen Klima und Landwirtschaft.
Die ganze Freizeit für den Umweltschutz
Mit 83.000 Mitgliedern ist die BUNDjugend einer der größten Jugendverbände für Umweltschutz in Deutschland mit zahlreichen Ortsgruppen. In eine von diesen ist Alexandra Struck vor Jahren eingetreten. Inzwischen ist die Geographiestudentin im Bundesvorstand der BUNDjugend und aktuell als eine offizielle Beobachterin der UN-Klimakonferenz in Glasgow.
Daheim in Deutschland ist sie neben Studium und Job "fulltime" für die Umweltorganisation engagiert: 20 bis 40 Stunden kämen da in der Woche zusammen. Ihre Motivation beschreibt sie im Gespräch mit ZDFheute so:
Dazu gehört für Struck auch das Organisieren von Demos, politische Lobbyarbeit und zahlreiche Konferenzen mit anderen Jugendlichen.
Die Menschen in der BUNDjugend seien für sie inzwischen zu einer "zweiten Familie" geworden. Struck sagt, sie habe das Gefühl, "dass wir gemeinsam die Welt retten können; dieses Gefühl verbindet uns und schweißt uns zusammen".
Grafiken- Daten zum Klimawandel im Überblick
Wie hat sich das Klima bereits verändert? Wie viel CO2 haben die Länder seit 1990 eingespart? Die wichtigsten Zahlen im KlimaRadar von ZDFheute.
von Michael Hörz, Moritz Zajonz