Mit Baumspenden gegen den Klimawandel - funktioniert das?

    Projekte immer beliebter:Mit Baumspenden gegen den Klimawandel?

    Peter Theisen in Rüdesheim
    von Peter Theisen
    07.08.2022 | 07:07
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    Experten werben im Kampf gegen den Klimawandel für Aufforstung. Tatsächlich gibt es immer mehr Projekte und Baumspenden werden immer beliebter. Doch wie funktioniert das?

    Wer mit Bäumen etwas Gutes fürs Klima tun will, der findet im Internet einen ganzen Dschungel von Möglichkeiten. Zum Beispiel "Ecosia" - eine Suchmaschine, bei der man quasi schon per Mausklick Bäume pflanzt sowie zahlreiche Organisationen, die versprechen, gegen eine Spende Wälder zu schützen oder sogar neue zu pflanzen.
    Eine von ihnen ist Primaklima. Der Verein unterstützt weltweit Waldprojekte, vor allem in den Tropen. Geschäftsführerin Henriette Lachenit erklärt, warum:

    Der Euro ist in den Tropen besser angelegt, wenn man etwas fürs Klima tun will.

    Henriette Lachenit, Geschäftsführerin von Primaklima

    Der Grund: "Die Bäume wachsen dort erheblich schneller und speichern so mehr CO2 in ihren Stämmen. Außerdem können wir so den Menschen vor Ort helfen, die besonders stark von der Klimakrise betroffen sind", so Lachenit.

    Bäume pflanzen - auch für die Zukunft der Bauern

    Wie genau funktioniert das? Zusammen mit Henriette Lachenit besuchen wir Projekte von Primaklima im Norden von Nicaragua. In dieser Gegend sind viele Böden ausgelaugt - weil früher in großem Stil Baumwolle angebaut wurde. Da ist nun Platz, Bäume zu pflanzen.
    Kleinbauer Martin Sanchez ist gerade fleißig dabei. So um die 150 Setzlinge schafft er am Tag. Die bekommt er von einer lokalen Partnerorganisation von Primaklima. Außerdem bekommt er zehn Jahre lang Geld für die Pflege des Waldes und als Kompensation, dass er dort keine Feldfrüchte anbaut.

    Dieses Land soll schließlich auch noch über mein Leben hinaus Ertrag bringen.

    Martin Sanchez, Kleinbauer

    "Außerdem denke ich, dass es gut für die Natur und den Wasserhaushalt ist, wenn jetzt hier Bäume wachsen. Ich muss schließlich an die Zukunft denken", meint er. Nach zehn Jahren darf Martin Sanchez einzelne Bäume fällen und das Holz verkaufen. Der Wald als Ganzes bleibt erhalten und soll sich selbständig verjüngen.

    Wertvoller Lebensraum für einheimische Tiere

    "Die Bauern pflanzen hier sechs verschiedene einheimische Baumarten, langsam und schnell wachsende. So können sie die Bäume zu verschieden Zeiten nutzen", so die gelernte Forstwirtiin Henriette Lachenit. Sie ist überzeugt, dass solche Wiederaufforstungen nur dann funktionieren, wenn die lokale Bevölkerung mit einbezogen wird und auch finanziell profitiert.
    Es ist also kein Urwald, der hier entsteht, sondern ein Forst, der aber dennoch wertvoller Lebensraum ist für viele einheimische Tiere, vor allem Vögel. Das merken wir beim nächsten Bauern, den wir besuchen. Martin Gonzales hat hier vor acht Jahren einen Wald gepflanzt. Einige Bäume sind schon über zehn Meter in die Höhe geschossen. Überall fiept und piept es.
    CO2 besteht aus Kohlenstoff, den wir in verschiedensten Stoffen und Substanzen finden. 16.06.2021 | 9:13 min

    "Bäume helfen dem Klima und dem Boden"

    Der 73-Jährige wirkt sehr zufrieden. "Das ist eine wirklich gute Investition für unser Land, ja für die ganze Welt. Die Bäume helfen dem Klima und dem Boden."

    Auch der Grundwasserspiegel in der Gegend hat sich dadurch erholt.

    Martin Sanchez, Kleinbauer

    Neben dem Wald liegt das Maisfeld von Martin Gonzales. Primaklima unterstützt nur Kleinbauern, die noch genug Land haben, um ihre Familien mit Lebensmitteln zu versorgen. Es soll so verhindert werden, dass sie nur noch vom Wald abhängig sind.

    Immenses Spendenaufkommen

    Das Spendenaufkommen bei Primaklima hat sich in fünf Jahren versiebenfacht. Die spürbar heißen Sommer und die Proteste von Fridays for Future haben das Thema Klima in den Fokus gerückt. Mit dem Geld werden allein in diesem Jahr 680.000 neue Bäume gepflanzt im Norden Nicaraguas, eine Fläche von 575 Fußballfeldern. Etwa 600 Kleinbauern machen mittlerweile mit beim Waldbau.
    Und die engagieren teilweise wiederum Tagelöhner für das Graben der Löcher für die Setzlinge. Oft junge Männer, die sonst kaum Arbeit fänden in dieser abgelegenen Gegend in der Nähe zur Grenze zu Honduras.

    Regierung lässt Organisationen gewähren

    Dass zahlreiche Menschen durch die Aufforstung ein Auskommen finden, dürfte ein Grund sein, warum die Regierung Nicaraguas die lokale Partnerorganisation von Primaklima, "Aprodein", bisher in Ruhe gewähren lässt. Vor wenigen Wochen ließ Präsident Daniel Ortega zahlreiche andere NGOs verbieten, die Mutter-Teresa-Schwestern mussten sogar das Land verlassen.
    Der Chef von Aprodein, Elvin Castellon, träumt davon, die Wiederaufforstung in die mittelamerikanischen Nachbarländer auszuweiten. Schließlich kommen nicht nur aus Deutschland immer mehr Spendengelder, sondern auch aus Kanada und anderen Ländern des globalen Nordens.

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