Mannheim-Amokfahrt: Rechtsextreme Vergangenheit von Täter?
Amokfahrt von Mannheim:Täter hat wohl rechtsextreme Vergangenheit
von Oliver Klein
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Nach der Todesfahrt von Mannheim gehen die Ermittler von einer psychischen Erkrankung des mutmaßlichen Täters aus. Es gibt aber auch Hinweise auf eine extrem rechte Vergangenheit.
Nach der Amokfahrt von Mannheim bleiben viele Fragen offen, auch zum Hintergrund des Täters. Der 40-jährige Deutsche soll Kontakte in die rechtsextreme Szene gehabt haben.07.03.2025 | 2:52 min
Seine Amokfahrt durch die Mannheimer Fußgängerzone am Rosenmontag kostete zwei Menschen das Leben. 14 weitere wurden verletzt, darunter ein zweijähriges Kind. Der mutmaßliche Täter: Alexander S. aus Ludwigshafen, 40 Jahre alt. Was trieb ihn zu dieser Tat?
Doch Recherchen legen nahe: Es gibt in der Vergangenheit von Alexander S. auch Hinweise auf Kontakte ins rechtsextreme Milieu. 2018 war er wegen "Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen" zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen verurteilt worden, heißt es von der Staatsanwaltschaft Mannheim. Er hatte bei Facebook ein Bild, das Adolf Hitler zeigt, kommentiert mit "Sieg Heil from Germany".
Laut Staatsanwaltschaft gibt es Anhaltspunkte für eine psychische Erkrankung des Tatverdächtigen.04.03.2025 | 1:18 min
Die antifaschistische Plattform "Exif" veröffentlichte Fotos, die S. im Jahr 2018 als Teilnehmer einer rechtsradikalen Demonstration in Berlin zeigen sollen. Im selben Jahr soll er den "Exif"-Recherchen zufolge Mitglied in einer verfassungsfeindlichen Gruppe aus dem Spektrum der Reichsbürger gewesen sein.
Alexander S. zeigte sich als Waffenfan
Im Internet zeigte sich S. als Waffenfan: Im Sozialen Netzwerk VK postete er ein Foto von sich an einem Schießstand mit einem halbautomatischen Gewehr mit Zielfernrohr. VK ist eine in rechten Kreisen beliebte russischen Variante von Facebook. Auf einem anderen Foto posiert S. vor einem Bundeswehrpanzer.
Alexander S. auf einem Foto im Netzwerk VK.
Quelle: Screenshot VK, Profil von Alexander S.
Bei Facebook postete S. ein Foto von sich mit nacktem Oberkörper, Schnurrbart und langen Koteletten - auf seiner linken Brust das aufgemalte oder tätowierte Bild eines Einschusslochs, aus dem Blut läuft. "Da isser wieder, General Stahlstiefel", kommentierte ein Nutzer.
Bei politischem Motiv wäre wohl Bundesanwalt zuständig
Dass sich aus diesen Hinweisen für die Staatsanwaltschaft keine Anhaltspunkte für ein extremistisches oder politisches Motiv ergeben, ist für den Frankfurter Strafrechtsprofessor Matthias Jahn von der Goethe-Universität zumindest "überraschend": Es könne derzeit noch nicht klar sein, ob nicht auch ein politischer Beweggrund den Täter motiviert habe. Daher sei diese "sehr frühe Festlegung doch irritierend", so Jahn.
Am Montag ist ein Mann mit einem Kleinwagen durch eine Fußgängerzone in Mannheim gerast und hat dabei zwei Menschen getötet. ZDF-Reporter Jany berichtet.04.03.2025 | 0:49 min
Für den weiteren Ablauf der Ermittlungen könnte die Motivlage des mutmaßlichen Täters eine entscheidende Rolle spielen: Denn liegt ein politisches Motiv vor, wäre mit hoher Wahrscheinlichkeit die Bundesanwaltschaft für den Fall zuständig, erklärt Jahn.
Zudem würden dann die Ermittlungen durch das Bundeskriminalamt geführt werden, wo der gesammelte Sachverstand aus vielen Ermittlungen der letzten Jahre und Jahrzehnte vorhanden ist, um solche extremistischen Umfelder aufhellen zu können.
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Matthias Jahn, Professor für Strafrecht, Universität Frankfurt
Täter bat die Polizei, ihn zu erschießen
Die Staatsanwaltschaft Mannheim aber bleibt im Interview mit dem ZDF dabei: Hinweise auf frühere rechte Kontakte seien den Behörden zwar bekannt, sie stünden auch im Fokus der Ermittlungen - aber Abfragen bei verschiedenen Nachrichtendiensten hätten zu keinen extremismusrelevanten Rückmeldungen geführt. "Alleine, dass jemand Verbindungen hat, spricht ja noch nicht für eine entsprechende Motivation", sagt Staatsanwalt Romeo Schüssler.
Nach wie vor gilt für uns, dass wir keinerlei Hinweise haben auf eine politisch motivierte Tat.
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Staatsanwalt Romeo Schüssler
Nach der Todesfahrt von Mannheim stehe die Stadt unter Schock, berichtet ZDF-Reporter Anton Jany. Der mutmaßliche Täter solle noch am Dienstag vernommen werden.04.03.2025 | 0:52 min
Dafür, dass eher psychische Gründe das Motiv sind, spreche auch die Tatsache, dass sich S. unmittelbar nach der Tat mit einer Schreckschusspistole selbst in den Mund schoss. Auch habe er Polizisten, die ihn festgenommen haben, aufgefordert, ihn zu erschießen.
Die Amokfahrt könnte also der Versuch eines erweiterten Suizids gewesen sein.
Mitarbeit: Luisa Houben
Quelle: dpa
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