Internetbetrug: Behörden ermitteln gegen Abzocke-Callcenter

    Internetbetrug:Staatsanwälte ermitteln gegen Abzocke-Callcenter

    von Sophia Baumann, Marta Orosz
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    ZDF frontal hat aufgedeckt, wie ein Callcenter in Georgien Tausende Anleger abzockt. Nun kündigt die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen die mutmaßlichen Betreiber an.

    Anonymisierte Männer und Frauen vor Computern und mit Headset
    Cybertrading gilt aktuell als bedeutendste Form des Internetbetrugs, mit Schäden in Milliardenhöhe. frontal ist mit einem internationalen Rechercheteam den Abzockern auf der Spur.05.03.2025 | 15:07 min
    Ein Callcenter in Georgien hat mutmaßlich mehr als 6.000 Anleger abgezockt, darunter wohl auch Hunderte Deutsche. Das legen exklusive Recherchen nahe, die ZDF frontal vergangene Woche zusammen mit zahlreichen internationalen Medien veröffentlicht hat.
    Nun reagieren die Behörden: Die Staatsanwaltschaft in Georgien eröffnete ein Verfahren gegen den mutmaßlichen Betreiber des Callcenters, ein Unternehmen namens A.K. Group in Tiflis. Die Behörden bestätigten dem georgischen Medium "Studio Monitori", wegen des Verdachts auf Betrug und Geldwäsche gegen die Firma zu ermitteln.

    Cyberkriminalität: Schäden in Milliardenhöhe

    Die Masche, mit der das Callcenter Kunden abzockte, nennen Fahnder "Betrug mit Cybertrading". Die Betroffenen stoßen online auf Werbeanzeigen für angeblich lukrative Investments. Nach einer ersten Zahlung von meist nur 250 Euro werden die Betrugsopfer von angeblichen Finanzberatern aus dem Callcenter kontaktiert.
    Jahresbericht zur Cyberkriminalität
    Cyber-Kriminalität kennt keine Grenzen. Allein im letzten Jahr zählten die Ermittler 190 Tausend Fälle, wobei die tatsächliche Zahl der Angriffe höher liegen dürfte.13.05.2024 | 1:43 min
    Sie überreden die Betroffenen immer wieder, noch deutlich höhere Summen zu investieren. Um Vertrauen aufzubauen, fälschen die Abzocker Schreiben und vergeben Zugänge zu gefälschten aber täuschend echt wirkenden Handelsplattformen im Internet. Vielen Betroffenen fällt erst auf, dass sie einem Betrug aufgesessen sind, wenn sie sich ihre Investments auszahlen lassen wollen. Meist lassen sich die Gelder nicht mehr zurückholen.
    Laut Experten verursacht der Betrug mit Cybertrading europaweit Schäden in Milliardenhöhe.

    Es sind jedes Jahr definitiv Zehntausende von Personen konkret geschädigt in Deutschland durch diese Art des Betruges.

    Nino Goldbeck, Oberstaatsanwalt Zentralstelle Cybercrime Bayern

    Nino Goldbeck, Oberstaatsanwalt bei der Zentralstelle Cybercrime Bayern, erklärte gegenüber dem ZDF, dass die Staatsanwaltschaft verpflichtet sei, die veröffentlichten Rechercheergebnisse zu untersuchen. Man prüfe nun, ob die Berichte Anlass für neue Ermittlungen in Bayern sein könnten, oder sich dadurch neue Ansätze für laufende Verfahren ergeben.
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    Leak enttarnte Abzocker aus Georgien

    Den Tätern auf die Spur zu kommen, ist oft schwierig. Sie agieren überaus professionell. Reportern des schwedischen Fernsehsenders SVT übergab ein Whistleblower jedoch zahlreiche Unterlagen zu dem Abzocke-Callcenter, etwa Aufzeichnungen von Telefonaten und Bildschirmaufnahmen. Das Schwedische Fernsehen teilte die geleakten Daten mit internationalen Journalisten, darunter ZDF frontal und "Spiegel". Koordiniert wurde die Recherche vom "Organized Crime and Corruption Reporting Project" (OCCRP).
    ZDF frontal - zusammen mit den internationalen Partnern - gelang es, die Callcenter-Abzocker in der georgischen Hauptstadt Tiflis zu identifizieren. Die A.K. Group machte laut der internen Buchhaltung in den vergangenen zweieinhalb Jahren etwa 35 Millionen Dollar Umsatz. Allein deutschen Kunden sollen laut den vorliegenden Unterlagen seit Juli 2023 mehr als vier Millionen Dollar aus der Tasche gezogen worden sein. Auf schriftliche Anfragen reagierte die A.K. Group nicht.
    Bundesinnenministerin Faeser stellt das Bundeslagebild 2023 im Bereich Cyberkriminalität vor.
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    Abzocker verwischen ihre Spuren im Netz

    Ob das Abzocke-Callcenter nach Bekanntwerden der Recherchen weiterhin aktiv ist, bleibt offen. Zumindest haben die mutmaßlichen Betrüger begonnen, ihre Spuren im Netz zu verwischen. Die Geschäftsführerin deaktivierte nach der Berichterstattung ihr Konto auf einem Messenger-Dienst.
    Auch Mitarbeiter löschten ihre Fotos in den sozialen Medien, die ihren luxuriösen Lebensstil zeigten. Ein deutscher Betroffener, der regelmäßig mit den Abzockern in Kontakt stand, berichtete: Zuletzt habe sich sein angeblicher Finanzberater vor drei Wochen gemeldet - seitdem herrsche Funkstille.
    Doch klar ist auch: Die Abzocker-Geschäfte könnten sehr einfach weiter gehen. Ein paar Telefone, Headsets, Computer und die richtige Software in einem anderen Land, einer neuen Stadt, oder nur in einem anderen, anonymen Bürohochhaus.

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