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Prozess gegen Wilhelm P.:Lauterbach-Entführung geplant: Geständnis
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Weil er sich an Plänen zur Entführung von Karl Lauterbach beteiligt haben soll, muss sich ein Mann nun vor Gericht verantworten. Der Angeklagte sprach von einer "großen Dummheit".
Ein zweiter Prozess um eine geplante Entführung von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat in Frankfurt am Main mit einer umfassenden Aussage des Angeklagten begonnen. Mit Schulden und Drogenkonsum versuchte der Tatverdächtige Wilhelm P. vor dem Frankfurter Oberlandesgericht zu erklären, wie er in Telegram-Kanälen an die sogenannte "Kaiserreichsgruppe" geriet und sich ihr anschloss.
Die Generalstaatsanwaltschaft wirft dem Mann die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung sowie die Beteiligung an einem mehrstufigen Plan zum Umsturz des freiheitlich-demokratischen Systems Deutschlands vor. Bereits seit Mai 2023 müssen sich fünf mutmaßliche Rädelsführer und Mitglieder der Vereinigung in Koblenz vor Gericht verantworten.
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Terroristische Vereinigung wollte Bundesregierung stürzen
In einer ersten Phase sollte laut Anklage die Stromversorgung durch Sprengstoffanschläge längerfristig außer Kraft gesetzt werden, damit Sicherheitskräfte, Regierung und Medien nicht arbeiten können. In Phase zwei sollte Gesundheitsminister Lauterbach entführt und in Phase drei die Bundesregierung gestürzt werden.
Im Anschluss sei die Errichtung eines autoritär geprägten Regierungssystems nach dem Vorbild der Verfassung des Deutschen Kaiserreiches von 1871 geplant gewesen. Tote habe die Vereinigung in Kauf genommen.
Wilhelm P. aus dem südhessischen Gorxheimertal im Landkreis Bergstraße soll sich der Vereinigung im Dezember 2021 angeschlossen haben. Die Generalstaatsanwaltschaft wirft ihm vor, der Vereinigung seine Mithilfe für die Lauterbach-Entführung und seine Garage für die Aufbewahrung von Waffen angeboten zu haben.
Wilhelm P. spricht vor Gericht von finanziellen Problemen
Vor Gericht zeichnete P. das Bild einer schweren Kindheit. Bei der Scheidung der Eltern sei er dem Vater zugesprochen worden. Sein "Erzeuger", wie er ihn konsequent nannte, habe ihn regelmäßig und grundlos körperlich schwer misshandelt.
Seit 2018 verlegte P. Kabel für die Installation von Photovoltaikanlagen. Er habe immer mehr gearbeitet, auch nach einem Herzinfarkt. Mit den Corona-Maßnahmen sei das nicht mehr möglich gewesen. "Ich konnte keine Maske tragen." Er bekomme sonst Atemnot, die Ursache dafür liege bei einem Motorradunfall 1997.
Nachdem die finanziellen Probleme größer wurden, sei er immer länger auf der Plattform Telegram unterwegs gewesen, sagte der Angeklagte. Heute wisse er, dass er einen Fehler, eine "große Dummheit" gemacht habe, sagte der 62-Jährige. Das Gericht wertete seine Aussage als Geständnis.
Elf Prozesstage angesetzt
Aufgrund des weitgehenden Geständnisses des Angeklagten strebe die Verteidigung eine Verständigung um die Strafhöhe an, sagte Richter Jürgen Bonk. Die Generalstaatsanwaltschaft habe eine formelle Verständigung abgelehnt, allerdings sei man sich einig, dass eine Verurteilung in einem Strafrahmen zwischen zweidreiviertel und dreieinhalb Haft möglich sei.
P. sitzt seit Oktober 2023 in Untersuchungshaft. Der Prozess gegen ihn soll am Montag fortgesetzt werden, elf Prozesstage sind bis November angesetzt.
Quelle: dpa
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Quelle: epd
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