Angriffskrieg: Ukraine beklagt Diebstahl von Kulturgütern

    Russlands Angriffskrieg:Ukraine beklagt Diebstahl von Kulturgütern

    10.10.2022 | 08:43
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    Russlands Krieg trifft auch das kulturelle Erbe der Ukraine. Der ukrainische Kulturminister Tkatschenko beklagt Plünderungen und spricht von einem Kriegsverbrechen.

    Die 1.500 Jahre alte goldene Tiara
    Artefakte aus der Zeit von Attila dem Hunnen: Seit einigen Monaten ist diese Gold-Tiara aus einem Museum im besetzten Melitopol verschwunden.
    Quelle: AP

    Das 1.500 Jahre alte, mit Edelsteinen besetzte Golddiadem im Museum von Melitopol war eines der weltweit wertvollsten Artefakte aus dem Reich des Hunnenkönigs Attila. Seit einigen Monaten ist es verschwunden, vielleicht für immer, wie Historiker befürchten.
    Nach der Einnahme der südukrainischen Stadt im Februar hätten russische Soldaten die Krone von unschätzbarem Wert und viele weitere Schätze mitgenommen, heißt es aus dem Museum.

    Minister wirft Russland Kriegsverbrechen vor

    Auch in anderen Orten beklagt die Ukraine den Diebstahl von Kulturgut: Die russische Invasion werde von der Zerstörung und Plünderung historischer Stätten in großem Ausmaß begleitet, erklären Behördenvertreter.
    In einem Interview mit der Nachrichtenagentur AP listet Kulturminister Olexander Tkatschenko auf, dass Soldaten Ausstellungsstücke aus fast 40 Museen mitgehen ließen. Allein finanziell hätten die Plünderungen und Zerstörungen Verluste in Höhe von mehreren Hundert Millionen Euro verursacht.

    Der Umgang der Russen mit dem ukrainischen Kulturerbe ist ein Kriegsverbrechen.

    Olexander Tkatschenko, Ukrainischer Kulturminister

    Ob Museen, historische Gebäude oder Kirchen: "Alles wurde über Generationen hinweg von Ukrainern aufgebaut und geschaffen", betonte im September auch Olena Selenska, die Frau des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, beim Besuch in New York. "Dies ist ein Krieg gegen unsere Identität."

    1.700 wertvolle Gegenstände in Melitopol entwendet

    Das Museum für Heimatgeschichte in Melitopol versuchte zunächst, das Hunnen-Diadem und Hunderte andere Schätze zu verstecken, als die russischen Truppen die Stadt stürmten. Immer wieder aber durchsuchten die Besatzungstruppen das Gebäude und entdeckten schließlich den verborgenen Keller, in dem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiterinnen die wertvollsten Objekte des Museums versteckt hatten.
    Zur Beute gehören dem Museum zufolge neben dem Diadem rund 1.700 weitere wertvolle Gegenstände. "Dies sind antike Funde. Es sind Kunstwerke. Sie sind von unschätzbarem Wert", sagt Olexander Symonenko vom Institut für Archäologie der Ukraine.

    Wenn Kultur verschwindet, ist das eine nicht wieder gut zu machende Katastrophe.

    Olexander Symonenko, Ukrainisches Institut für Archäologie



    Zehntausende Stücke versteckt

    Auch Museen in Mariupol wurden nach der russischen Besetzung geplündert, wie ukrainische Behördenmitarbeiter berichten, die aus der Stadt vertrieben wurden. Nach Angaben des geflohenen Stadtrats von Mariupol wurden mehr als 2.000 Gegenstände aus den Museen der Stadt gestohlen. Die gestohlene Beute sei offenbar in die von Russland besetzte Region Donezk gebracht worden.
    In anderen Orten tat das Museumspersonal alles nur Denkbare, um die ihm anvertrauten Kunstschätze zu schützen. Zehntausende Stücke wurden aus den Frontgebieten und den umkämpften Regionen geholt und möglichst sicher untergebracht.
    In Kiew übernachtete die Direktorin des Museums für historische Kostbarkeiten, Natalia Pantschenko, in dem Gebäude, als die russischen Truppen zu Beginn des Krieges versuchten, die ukrainische Hauptstadt einzunehmen. "Wir hatten Angst vor den russischen Besatzern, weil sie alles zerstören, was als ukrainisch identifiziert werden kann", sagt die Museumsleiterin.
    Oft muss die UNESCO hilflos zuschauen, wie Kriege Weltkulturerbe zerstören. Auch in der Ukraine ist dies der Fall. Dennoch sollen Krisenteams die Sicherung von Gebäuden sicherstellen. 06.04.2022 | 2:00 min

    Unesco: Schäden an 199 Gebäuden und Monumenten

    Neben den Plünderungen sind es Bombardements und Zerstörungen, die den Kultureinrichtungen in der Ukraine oft irreparable Schäden zufügen. Die UN-Kulturorganisation Unesco, die von Raketen, Bomben und Granaten getroffene Stätten auflistet, hat bis zum achten Monat des Krieges Schäden an 199 Gebäuden und Monumenten in zwölf Regionen dokumentiert.
    Dazu gehören 84 Kirchen und andere religiöse Stätten, 37 Gebäude von historischer Bedeutung, 37 Gebäude für kulturelle Aktivitäten, 18 Denkmäler, 13 Museen und zehn Bibliotheken. Die Zahlen der ukrainischen Regierung sind sogar noch höher: Allein die Anzahl der zerstörten und beschädigten religiösen Stätten wird mit mindestens 270 angegeben.
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    Quelle: Hanna Arhirova, AP
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