RWE plant einen umfangreichen Kohleabbau in Lützerath. Die Bagger stehen bereit, doch die Initiative "Lützerath lebt" wehrt sich. Drohen die gleichen Bilder wie im Hambacher Forst?
Der Widerstand gegen die Braunkohlebagger im Tagebau Garzweiler und für den Erhalt des Ortes Lützerath bleibt groß, während der Energiekonzern RWE einen Erdwall als Betriebsgrenze aufschüttet.
Es sind nur zwei Bauernhöfe, ein paar Häuser, große Wiesen und Bäume. Doch der kleine Weiler Lützerath am Rande des Tagebaus Garzweiler ist längst zu etwas Größerem geworden: zu einem Symbol für den Widerstand gegen die Bagger des Energiekonzerns RWE und die Nutzung der Braunkohle überhaupt.
Auf dem Gelände sind Dutzende Holzhütten und Baumhäuser entstanden. Die Kohlegegner wollen Widerstand leisten, sollte RWE mit den Baggern auf Lützerath vorrücken. Lakshmi Thevasagayam ist eine von ihnen. Sie ist Sprecherin der Initiative "Lützerath lebt!" und führt uns über das Gelände.
Sie sagt: "Wir werden bleiben und Lützerath verteidigen." Sie habe das Gefühl, erzählt sie, die Politik könne sich nicht mehr ordentlich um Krisen kümmern: "Deswegen müssen wir das selber in die Hand nehmen." Sie wollen die Kohlebagger stoppen.
Das Ende Lützeraths: Politisch und juristisch beschlossen
Dabei ist das Ende von Lützerath längst beschlossen, politisch von der jetzigen und der früheren Landesregierungen und juristisch vom Oberverwaltungsgericht Münster. Die ehemaligen Bewohner wurden seit 2006 umgesiedelt. Schriftlich teilt der Energieriese jetzt mit:
Und weiter: "Aus Sicht des Unternehmens ist es in der aktuellen Krisensituation wichtig, auch die in Deutschland vorhandenen und genehmigten Energiereserven und Erzeugungskapazitäten zu nutzen, um Gas zum Beispiel bei der Stromerzeugung zu ersetzen."
RWE beruft sich auch auf Energiekrise
Überhaupt werde der Kohlebedarf wegen der aktuellen Energiekrise weiter steigen. Im Klartext: Die Kohle unter Lützerath wird gebraucht, der Weiler muss abgebaggert werden. Der letzte Landwirt hier wird noch bis Ende August von RWE geduldet. Dann wird er schweren Herzens gehen, das hat er jedenfalls angekündigt. Den Entschädigungsvertrag hat er bereits unterschrieben.
Ob die Kohlegegner, die zum Teil von weit hergekommen sind und das Grundstück besetzen, dann freiwillig gehen, darf bezweifelt werden.
Energieriese lässt die Muskeln spielen
Wo RWE die Grenzen sieht, versuchte der Konzern vergangene Woche deutlich zu machen. Da rückte ein Bagger an und schüttete eine Art Schutzwall auf, offenbar um deutlich zu machen, wem Lützerath gehört. Auf Videos in den Sozialen Netzwerken ist zu sehen, wie Kohlegegner auf einen Bagger springen. Später rückt die Polizei an, ein Hubschrauber kreist über den Feldern.
Es dauert nicht lange, dann zieht der Bagger wieder ab. Was ein Sprecher der Konzern-Tochter RWE Power einige Tage danach als einen "völlig normalen Vorgang" bezeichnet, ist für die Besetzer eine reine Provokation.
Grüne Landespolitikerin will "auf einen Dialog setzen"
So sieht es auch Antje Grothus. Die grüne Landtagsabgeordnete hat in der Kohlekommission der Bundesregierung die Belange der Anlieger vertreten und mit einer Bürgerinitiative seit 2018 bereits erfolgreich gegen die Rodung des Hambacher Forstes gekämpft. Der Wald wurde gerettet. Jetzt steht sie am Rande von Lützerath und blickt auf den aufgeschütteten Wall:
Man müsse "auf einen Dialog setzen, aber auch auf eine Gesprächslösung und eine einvernehmliche Tagebauplanung." Bilder wie damals bei der Räumung des Hambacher Forstes wolle niemand wieder sehen.
Koalitionsvertrag bleibt vage
Das Problem: Im schwarz-grünen Koalitionsvertrag findet sich nur eine äußerst unkonkrete Formulierung zur Zukunft von Lützerath. Der Tagebau Garzweiler soll demnach so wenig Fläche wie möglich (und energiewirtschaftlich nötig) in Anspruch nehmen. Darüber solle mit den bergbautreibenden Unternehmen "Einvernehmen" erzielt werden.
Die Kohlegegner in Lützerath nehmen es den Grünen jetzt übel, dass sie sich bei den Koalitionsverhandlungen nicht vehementer für den Erhalt des Weilers eingesetzt haben. "Wir können der Regierung, vor allem den Grünen, nicht trauen, wie wir immer wieder merken. Deswegen stehen wir hier in Lützerath und werden diese Katastrophe aufhalten", sagt Sprecherin Lakshmi Thevasagayam.
Neubaur: Kohle-Abbau in Lützerath "rechtens"
Ausgerechnet die neue grüne Wirtschaftsministerin Mona Neubaur muss jetzt über die Zukunft des symbolischen Weilers mitentscheiden und mitverhandeln. Eine Garantie für den Erhalt gibt sie nicht, sie kann und will sich nicht festlegen. Im Gespräch mit dem ZDF sagt sie:
Die Landesregierung habe aber auch entschieden, in NRW bis spätestens 2030 aus der Braunkohle auszusteigen. "Es gibt viel zu bereden mit RWE und die Lösung wird sein, dass wir gut zusammen hinkriegen müssen." Kein leichtes Ziel, denn RWE hat in diesem Pokerspiel die deutlich bessere Verhandlungsposition. Wie man es auch dreht und wendet: Der Konzern wird sich den Verzicht auf Lützerath teuer bezahlen lassen.