Mehrwegverpackungen: Das Ende der Müllmassen?

    Kaffeebecher, Burger Box und Co.:Mehrwegverpackungen: Das Ende der Müllmassen?

    von Laurent Schons, Sven Rieken
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    Ein neues Gesetz verpflichtet Gastronomen, Mehrweg-Alternativen zu Einwegverpackungen anzubieten. Gehört Verpackungsmüll damit nun der Vergangenheit an?

    In dem Burger-Restaurant im Hamburger Schanzenviertel ist ganz schön viel los. Mittags sitzen hier viele Angestellte aus den ansässigen Agenturen des Stadtteils. Immer wieder kommen Stammkunden. Neuerdings scannen einige den QR-Code auf der Burgerverpackung. Die stellt einer der inzwischen zahlreichen Anbieter von Mehrwegbehältern.
    Das Burger-Restaurant hat sich für Vytal entschieden. Vorteil für den Kunden: Sie oder er zahlen nichts, solange die Mehrweg-to-go-Verpackung innerhalb von 14 Tagen an einen der Vytal-Standorte zurückkommt. Der Gastronom zahlt nur, wenn er die Verpackung nutzt. 20 Cent sind das bei einem Hamburger. Zum Vergleich: Die gleich große Einwegverpackung kostet 30 Cent.

    Mehrweg-Pflicht: Herausforderung für Gastronomen

    Ein gutes Geschäft könnte man meinen - warum brauchte es eine Angebotspflicht? Sicher auch, weil der Markt unübersichtlich und die Systeme unterschiedlich sind. Mal kostet die Ausleihe für den Kunden eine Grundgebühr - mal nicht. Mal hat der Kunde 7 Tage bis zur Rückgabe - mal 14 Tage. Mal muss der Gastronom die Behälter kaufen - mal zahlt der Betrieb nichts. Dazu kommt noch Mehrarbeit: ausgeben, zurücknehmen, reinigen, lagern. Einwegverpackungen sind leichter zu handhaben.

    Jedes Jahr hunderttausende Tonnen Verpackungsmüll

    Aber inzwischen ein großes Problem: Fast 350.000 Tonnen Müll fallen jährlich in Deutschland an - allein durch Einweg-Kaffeebecher, Wegwerf-Geschirr und andere Lebensmittelverpackungen "to-go". Viele Verpackungen, wie etwa Kaffeebecher, werden nur wenige Minuten genutzt und landen dann im Müll. Eine Mehrweg-to-go-Verpackung hält bei den unterschiedlichen Anbietern zwischen 500 und 3.000 Anwendungen durch.
    Seit dem Jahreswechsel müssen die Gastronomen Mehrwegverpackungen als Alternative anbieten. Der Kunde muss es aber nicht annehmen. "Die Mehrweg-Angebotspflicht ist also noch lange kein Verbot von Einwegverpackungen", sagt auch der Hamburger Umweltsenator Jens Kerstan (B90/Grüne) - trotzdem erwarte er, "dass Mehrweg schon bald Alltag sein wird. Ich glaub das wird schneller gehen, als manche denken."

    Erfolg nur durch Bequemlichkeit

    Wer möchte, kann seinen Kaffee, Burger, Sushi und Co. in wiederverwendbaren Verpackungen kaufen. Je nach Anbieter geht das mit oder ohne Online-Anmeldung. Der Erfolg der Mehrwegverpackungen hängt stark von der Rückgabe ab. Kommen viele Behälter zurück, hat das System einen positiven Einfluss auf die Umwelt.

    Pflicht zu Mehrwegverpackungen
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    Bleiben die Boxen zu Hause, verursachen sie neuen Müll und kosten mehr Geld. Der Schlüssel sind Rücknahmestationen überall. Wer als Verbraucher am Hamburger Hauptbahnhof einen Burger kauft, möchte die Verpackung schließlich auch in München loswerden können.

    Anbieter setzen auf unterschiedliche Systeme

    Damit die Verbraucher das Mehrweg-Angebot annehmen, fordert Vytal-Gründer Fabian Barthel Rückgabeautomaten im öffentlichen Raum. Für viele Kunden sei es unpraktisch und unangenehm, nur zur Rückgabe ins Restaurant zu kommen, ohne etwas zu kaufen.
    Außerdem sei die Mehrwegpflicht aktuell von den Gastronomen noch zu leicht zu umgehen: "Er kauft sich einfach billige Behälter und verlangt zehn Euro Pfand." Dann würde keiner das Mehrweg-Angebot nutzen und die Angebotspflicht sei trotzdem erfüllt, kritisiert Barthel.

    Beste Lösung sind eigene Behälter

    Gelöst ist das Problem mit den Einweg-Müllmassen durch die neue Gesetzgebung demnach nicht, jedoch ist die Verordnung ein Schritt in die richtige Richtung. Ein Angebot für die Verbraucher:innen ist es in jedem Fall. Schließlich kommt mit der Änderung des Verpackungsgesetzes noch eine weitere Erleichterung: Wer will, kann ohne Verpackungsmüll auskommen, erklärt der Hamburger Umweltsenator Jens Kerstan:

    Die beste Verpackung ist gar nicht die, die der Gastronom selbst anbietet, sondern, wenn man sein eigenes Behältnis dabei hat.

    Jens Kerstan, Hamburger Umweltsenator

    Das Haftungsrisiko ist in diesem Fall mit der Änderung des Verpackungsgesetzes auf den Besitzer der Verpackung übergegangen. Die Ausrede "Das können wir aus hygienischen Gründen nicht annehmen" zählt nicht mehr. Auf die Diskussion in einem Fast-Food-Restaurant kann man wohl gespannt sein.