Mohammed-Bildnis gezeigt: US-Professorin verliert Job

    Freiheit oder Kränkung?:Mohammed-Bildnis: US-Professorin verliert Job

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    Eine Kunstprofessorin zeigt in den USA ein Bildnis Mohammeds aus dem späten Mittelalter und verliert ihren Job. Wie weit geht akademische Freiheit?

    Pressekonferenz mit einer Studentin der Hamline University und Präsident der Muslim Student Association (MSA) am 11.01.2023 in Minneapolis
    Aram Wedatalla, Studentin der Hamline University (an den Mikrofonen), prangerte das Zeigen der Mohammed-Abbildungen an.
    Quelle: AP

    Erika Lopez Prater sah sich auf der sicheren Seite, als die Kunstlehrerin ihren Studenten Mohammed-Darstellungen aus dem 14. und 16. Jahrhundert präsentierte. Was dann passierte, beendete nicht nur ihre Tätigkeit an der privaten "Hamline University" in St. Paul im US-Bundesstaat Minneapolis.
    Der zunächst nur regional beachtete Vorfall vom 6. Oktober sorgt für landesweite Schlagzeilen, spätestens seit die "New York Times" ausführlich darüber berichtet hatte. Er hat auch eine breite Debatte darüber ausgelöst, was akademische Freiheit darf und ab wann religiöse Gefühle verletzt werden. Denn vielen Muslimen gelten Darstellungen des Propheten Mohammed als Gotteslästerung.

    Studentin fühlte sich beleidigt

    Den Stein ins Rollen brachte die Studentin Aram Wedatalla. Die 23-jährige Muslimin mit sudanesischen Wurzeln empörte sich unter Tränen über die Kunsthistorikerin, obwohl diese vor dem Zeigen der Mohammed-Darstellungen ihre Studierenden ausdrücklich auf ihr Vorhaben aufmerksam gemacht hatte. Sie sei schockiert über die Professorin, sie habe sich über ihre Religion "lustig gemacht", so Aram Wedatalla.
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    Fayneese S. Miller, Präsidentin der kleinen Hochschule mit rund 1.800 Studenten, reagierte prompt. Sie bezeichnete das Vorgehen von Lopez Prater als "rücksichtslos, respektlos und islamfeindlich" und kündigte ihren Vertrag. Der Respekt für muslimische Studenten habe Vorrang vor der akademischen Freiheit, entschied die Vorgesetzte. Sie habe sich gefühlt, als hätte ihr jemand "einen Eimer Eiswasser über den Kopf gekippt", so Lopez Prater.

    Professorin klagt gegen Entlassung

    Die Professorin hat inzwischen Klage gegen ihre Entlassung eingereicht. Die Universität habe sie mit dem von Wedatalla übernommenen Vorwurf religiöser Diskriminierung und Diffamierung ausgesetzt und ihrem beruflichen und privaten Ansehen geschadet, heißt es in der Klage. Ihre Anwälte schreiben:

    Kommentare wie diese, die nun in Nachrichten rund um den Globus veröffentlicht wurden, werden Dr. Lopez Prater durch ihre Karriere verfolgen und möglicherweise dazu führen, dass sie nicht in der Lage sein wird, eine unbefristete Anstellung bei einer Einrichtung der höheren Bildung zu bekommen.

    Anwälte von Erika Lopez Prater

    Die Universitätsleitung nahm am Dienstag den Vorwurf zurück, Lopez Prater habe "islamophob" gehandelt. "Wie alle Organisationen machen auch wir manchmal Fehler", schrieben Präsidentin Miller und die Vorsitzende des Verwaltungsrats, Ellen Waters.

    Im Interesse, unseren muslimischen Studenten zuzuhören und sie zu unterstützen wurden Formulierungen benutzt, die nicht unsere Haltung zur Wissenschaftsfreiheit reflektieren. Nach allem, was wir erfahren haben, haben wir entschieden, dass die Benutzung des Begriffs 'islamophobisch' fehlerhaft war.

    Fayneese S. Miller, Präsidentin und Ellen Waters, Vorsitzende des Verwaltungsrats

    Islam-Experten irritiert

    Beide Seiten, Hochschullehrerin und Studentin, erhielten bereits Tausende Solidaritätsbekundungen, und führende US-Muslime ergriffen Partei - nicht nur für die empörte Muslimin. Diese zeigen, dass die "Causa Lopez Prater" alles andere als eindeutig ist.
    So hatte der Rat für amerikanisch-islamische Beziehungen, eine Bürgerrechtsorganisation für Muslime in den USA, am Freitag erklärt, wenn Professoren Darstellungen des Propheten Mohammed analysierten, sei das nicht dasselbe, als wenn "Islamophobe diese Bilder zeigen, um Anstoß zu erregen".
    Auch die Autorenvereinigung "PEN America" bezeichnete den Vorgang als eine der "ungeheuerlichsten Verletzungen der akademischen Freiheit in jüngster Zeit". Dieser Sichtweise schließt sich auch Christiane Gruber an. Das von Lopez Prater gezeigte Bild hänge in der Universität von Edinburgh, und ähnliche Darstellungen seien in vielen Museen weltweit zu sehen.
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    Unter Islam-Experten löst der Fall eher Verwunderung aus. Mohammed-Bilder dienten in verschiedenen islamischen Kulturen der Verehrung und nicht der Verunglimpfung, so der Tenor unter Gelehrten.

    Irakischer Professor stärkt Lopez Prater den Rücken

    Niemand habe ein Monopol auf die Wahrheit, so Omid Safi, Professor für Nahost-Studien an der "Duke-University" in North Carolina. Er selbst zeige regelmäßig Mohammed-Bilder in seinen Vorlesungen. Die Darstellungen seien von frommen Künstlern geschaffen, und fromme Herrscher hätten sie in Auftrag gegeben.
    Wie könne es sein, so Safi, dass etwas, "das aus der Mitte der Tradition stammt, nun verboten sein soll?" Als er mit 14 Jahren während des iranisch-irakischen Krieges aus Teheran floh, packte er ein Mohammed-Bild zu den wenigen Sachen in seinen Koffer.
    Quelle: Thomas Spang, KNA, AP

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