Im Frühsommer erschütterte in Münster erneut ein großer Fall von Kindesmissbrauch. Nun ist der Prozess gegen den Hauptangeklagten sowie mutmaßliche Mittäter gestartet.
Im Fall schweren Kindesmissbrauchs unter anderem in einer Gartenlaube in Münster hat heute der Prozess gegen den Hauptangeklagten und gegen mutmaßliche Mittäter begonnen.
27-Jähriger soll Ziehsohn immer wieder vergewaltigt haben
Der 27-Jährige aus Münster soll seit mindestens 2018 seinen heute elf Jahre alten Ziehsohn immer wieder vergewaltigt und ihn über das Internet anderen Männern für schwere sexuelle Gewalttaten überlassen haben.
Er gilt als Schlüsselfigur in dem Missbrauchskomplex Münster mit einer Reihe von Beschuldigten und Opfern aus mehreren Bundesländern, der im Frühsommer ans Licht kam. Allein die Staatsanwaltschaft Münster hat mehrere Anklagen gegen neun Personen erhoben; die Ermittlungen bundesweit laufen gegen mindestens 22 weitere identifizierte Beschuldigte.
Nach Aufdeckung des schweren Kindesmissbrauchs steht die Polizei am Anfang der Ermittlungen und der Auswertung der Fälle.
Prozessbeginn in Münster: Verlesung der Anklageschrift
Für den ersten Prozesstag am Landgericht Münster ist nach Auskunft eines Gerichtssprechers zunächst die Verlesung der Anklageschrift vorgesehen.
Nach dem schweren Kindesmissbrauch auf einem Campingplatz in Lügde und einem weiteren Missbrauchskomplex mit mehr als 200 Beschuldigten, der in Bergisch Gladbach seinen Anfang nahm, handelt es sich um den dritten großen Fall der vergangenen Jahre in Nordrhein-Westfalen.
Die Entdeckungen der Ermittler in Münster hatten die Debatte um besseren Schutz von Kindern vor sexualisierter Gewalt neu angefacht. Die Bundesregierung stimmte Ende Oktober einem Gesetzentwurf zu, der unter anderem schärfere Strafen und eine effektivere Verfolgung von Tätern vorsieht.
Bisher wurden viele Formen sexualisierter Gewalt gegen Kinder nur als Vergehen geahndet. Mit einem neuen Gesetz soll sich das nun ändern.
Angeklagte sollen Jungen mit K-o.-Tropfen betäubt haben
In dem nun startenden großen Prozess sitzen gleich fünf Menschen auf der Anklagebank. Mitangeklagt sind drei Männer sowie die 45-jährige Mutter des mutmaßlichen Haupttäters. Gemeinsam mit dem Hauptangeklagten sollen die Männer an drei Tagen im April 2020 in der Laube der 45-Jährigen zwei Jungen immer wieder mit K.-o.-Tropfen betäubt und ihnen schwere sexuelle Gewalt angetan haben. Zwei der Männer hatten in dieser Zeit Geburtstag.
Die Anklageschrift umfasst zudem weitere Vorwürfe, etwa gegen den Hauptangeklagten, der sich demnach mindestens 26 Mal an seinem Ziehsohn vergangen haben soll.
Diese Erkenntnisse stützt die Staatsanwaltschaft auf die Auswertung eines zuvor hochverschlüsselten Laptops, der bei dem unter anderem wegen Kindesmissbrauchsabbildungen vorbestraften Hauptangeklagten 2019 sichergestellt worden war.
Das Gericht sieht zunächst insgesamt 29 Verhandlungstermine bis Ende Februar 2021 vor.
Kindesmissbrauch ist eines der schlimmsten Verbrechen, vor allem wenn die Täter zum engsten Umfeld gehören.