Sie wollen ein Leben in Frieden und Demokratie: Seit über einem Jahr versuchen junge Menschen, sich der Unterdrückung zu widersetzen und zu überleben - irgendwie.
Vor mehr als einem Jahr, am 01. Februar 2021, putschte sich das Militär in Myanmar zurück an die Macht. Damit beendete es gewaltsam einen Prozess der Demokratisierung und begann eine Phase der Unterdrückung des Volkes, vor allem der Jugend und ihrem Freiheitsstreben.
Protest unter Lebensgefahr
Doch es gibt sie noch - die Mutigen, die sich täglich der Lebensgefahr des Protests aussetzen, die ihren Traum eines demokratischen Miteinanders nicht aufgeben wollen. Die aber auch Schreckliches erleben, wie eine Augenzeugin berichtet:
"Mein Cousin wurde auf offener Straße erschossen. An seiner Leiche haben Soldaten dann eine Mine befestigt. Wer die Leiche bergen wollte, sollte sterben. Es war furchtbar. Wir trauten uns nicht, die Leiche zu holen. Am Abend haben dann einige versucht, den Körper mit einem langen Stock zu bewegen."
Das zu erzählen und Videos, Fotos der Zerstörung zu teilen – das könnte ihr Todesurteil bedeuten.
Können Proteste das Militär in Myanmar wirklich einschüchtern?
Genauso wie die etlichen Demonstrationen, die wie Flashmobs mit einer Handvoll Protestierenden immer wieder auftauchen. Organisiert und angeführt von Menschen wie Ye Nyi Htet. Der 27-Jährige ist eigentlich Student, hatte mal große Pläne für sein Leben - bis sie von der Junta weggeputscht wurden. Jetzt lebt er nur noch für ein Ziel: Widerstand leisten in der Hoffnung, irgendwann in einem freien Myanmar zu leben.
Idealist*innen, deren effektivste Waffe ihr Mut ist gegen ein voll ausgestattetes Militär mit Hunderttausenden von Soldaten, die ungehalten gegen das Volk wüten: Sind Menschen wie Ye Nyi Htet wirklich eine Gefahr für das autoritäre Regime?
Der Politikanalyst Khin Zaw Win, der sich selbst noch traut, eine kritische Stimme zu sein, meint: Ja: "Diese Aktionen halten den Glauben an den Widerstand und die Revolution am Leben. Die Junta weiß um die Effektivität dieser Flashmobs. Die Mehrheit der Menschen wagt nicht, sich daran zu beteiligen. Aber sie bejubelt diese Aktionen. Deshalb geht die Junta brutal dagegen vor, sie verhaftet, foltert, tötet."
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Aung San Suu Kyi: Die gefallene Heldin?
Die Vereinten Nationen zeigten zum Jahrestag eine traurige Bilanz: Mindestens 1.600 Menschen seien seit dem Putsch getötet worden, wobei die Dunkelziffer weitaus höher liegen könnte. Mehr als 12.500 Menschen seien festgenommen worden, 440.000 Personen vertrieben, 14 Millionen Menschen benötigten dringend humanitäre Hilfe.
Die Proteste in Myanmar dauern an, die Gewalt gegen das Volk nimmt zu. Sogar Kinder werden auf offener Straße erschossen, erzählt ein Menschenrechtsaktivist im ZDFheute-Interview.
Der Preis ist hoch. Ebenso die Verluste, die internationale Aufmerksamkeit hingegen gering. Nach außen präsentiert sich die Armee als Bewahrer der Ordnung. Als Garant für Stabilität und Sicherheit - die bedroht gewesen sei durch die demokratischen Kräfte um Aung San Suu Kyi.
Außerhalb des Regimes glaubt wohl keiner an diese Legende. Aung San Suu Kyi ist inzwischen zu vielen Jahren Haft verurteilt worden, weitere Prozesse laufen. Ob die 76-Jährige jemals wieder freikommt?
Anfangs hatte ihr Schicksal die Massen mobilisiert, aber das Bild der Ikone verliert an Strahlkraft:
Für Demokratie: Widerstand um jeden Preis
Es besser machen. Bereit sein. Sich nicht einschüchtern lassen. Unermüdlich bleiben. Diese Haltung bestimmt die Protestbewegung, bestimmt das Leben von Ye Nyi Htet.
"Die jungen Leute sind bereit, ihr Leben der Revolution zu opfern. Sie haben alles aufgegeben, ihr Zuhause verlassen. Es gibt nicht mehr viele, die uns beistehen, aus Angst. Aber einige unterstützen uns zumindest finanziell."
Die alte Generation von Freiheitskämpfer*innen ist verstummt, weggesperrt oder tot. Es ist die Jugend, die den Kampf für Demokratie in Myanmar am Leben hält. Und dabei versucht, das eigene Leben nicht zu verlieren.