Theo Koll trauert um Ruprecht Eser: "Einer der ganz Großen"

    Trauer um ZDF-Moderator:Ruprecht Eser war "einer der ganz Großen"

    Theo Koll in Berlin
    von Theo Koll
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    Das ZDF trauert um seinen ehemaligen Moderator, Chefreporter und Korrespondenten Ruprecht Eser. Er verstarb an diesem Freitag im Alter von 79 Jahren.

    Er war einer der ganz Großen. Und ich bitte ausdrücklich um Entschuldigung dafür, dass ein Fernsehmann sich anmaßt, das über einen anderen Fernsehmann zu sagen, aber Ruprecht Eser verdient diese Ungebührlichkeit. Denn er war einer der Besten.
    Er war klug und kritisch, hellwach und schnell, dabei eher leise und sachlich. Sei es als Leiter und Moderator des heute journal, sei es als Gastgeber der sonntäglichen Talk-Sendung "halb 12 - Eser und Gäste." Für mich gehört Ruprecht Eser zu den bedeutenden Köpfen unseres Mediums.

    ZDF-Chefredakteurin würdigt Eser als Vorbild für kritischen Journalismus

    Gelernt hat er – wie viele der Guten – bei der BBC, zuerst im Berliner Büro und schon während seines Studiums der Publizistik, Politologie und Soziologie. Dann zog es ihn nach dem Studium nach London, wo er für den German-Service der BBC arbeitete.
    Und diese Prägung blieb. Wen Ruprecht interviewte, der wusste, er wird fair behandelt, aber hart und nachdrücklich befragt. Und er hat klar und schnell bis zum Kern der Themen geblickt und gefragt. Für ZDF-Chefredakteurin Bettina Schausten bleibt Eser ein Vorbild für kritischen und fairen Journalismus:

    Wir trauern um einen Vollblutjournalisten und hartnäckigen Interviewer, der jahrzehntelang die politische Berichterstattung des ZDF prägte, zumal während der deutschen Wendejahre.

    ZDF-Chefredakteurin Bettina Schausten

    Eser erhielt mehrere Auszeichnungen für seine Arbeit

    Ruprecht Eser wurde am 6. Januar 1943 in der Lutherstadt Wittenberg geboren. Nach dem Studium der Publizistik, Politologie und Soziologie arbeitete er zunächst für die BBC und für verschiedene deutsche Zeitungen.
    Zum ZDF kam Eser 1970 und profilierte sich vor allem auf dem Gebiet der politischen Reportagen und Dokumentationen. Als Redaktionsleiter in der ZDF-Hauptredaktion Innenpolitik zeichnete er verantwortlich für viele Wahl- und Sondersendungen, erhielt unter anderem den Goldenen Gong und die Goldene Kamera für seine Arbeit.
    Ruprecht Eser moderiert 2002 die ZDF-Sendung "halb12"
    Ruprecht Eser moderiert 2002 die ZDF-Sendung "halb12"

    Wendezeit 1989/90: Höhepunkt seines journalistischen Lebens

    Nach einem Zwischenstopp als Leiter des ZDF-Studios in London wechselte er 1985 als Moderator zum heute journal, dessen Redaktionsleiter er später auch wurde. Als einen Höhepunkt seines journalistischen Lebens bezeichnete Eser die Wendezeit 1989/90. Er selbst war in der Lutherstadt Wittenberg geboren, in Leipzig zur Schule gegangen, seine Familie floh noch vor dem Mauerbau nach West-Berlin, die Wiedervereinigung konnte Eser dann als Anchor im heute journal miterleben.
    1993 kehrte Ruprecht Eser - nach einem gut einjährigen Intermezzo als Programmdirektor beim neu gegründeten Privatsender Vox - zum ZDF zurück, leitete dort die Hauptredaktion Gesellschafts- und Bildungspolitik und verantwortete unter anderem das ZDF-Frauen- und Familienmagazin ML mona lisa. Nach den ZDF-Jahren gab er als Professor und Lehrbeauftragter sein Wissen weiter, u.a. an der Universität in Leipzig. Und, wie ich selbst erleben durfte, bis zuletzt mit wachem Scharfsinn. Farewell, old friend.