Ein Techtelmechtel aus der Steinzeit hat Folgen bis heute: Jede dritte Frau in Europa hat ein bestimmtes Gen des Neandertalers geerbt – und dieses Gen hat es in sich.
Moment mal: War der Neandertaler nicht ausgestorben? Das dachte man zwar lange, aber seit zehn Jahren weiß die Forschung: Der Neandertaler starb nicht aus, sondern bandelte mit dem Homo sapiens an, der aus Afrika nach Europa einwanderte. Und schenkte seinen Nachkommen ein besonderes Gen, wie eine Studie des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie in Leipzig und des Karolinska Institutet in Schweden jetzt herausfand.
Dieses Gen erhöht die Fruchtbarkeit, jede dritte Frau trägt es in sich: "Diese Frauen leiden weniger unter Blutungen zu Beginn der Schwangerschaft, haben weniger Fehlgeburten und etwas mehr Kinder", erklärt Dr. Hugo Zeberg, Leiter der Studie, gegenüber ZDFheute.
Im Video: Auf der Suche nach dem Ursprung der Zivilisation
Wie konnte der Steinzeitmensch in seiner Umwelt überleben?
Neandertaler + Homo sapiens = mehr Fruchtbarkeit?
Afrikanische Frühmenschen vom Typ Homo sapiens beschlossen vor rund 50.000 Jahren, die Welt zu erkunden. In Europa trafen sie auf die Neandertaler. Lange ging man davon aus, der überlegene Homo sapiens habe sich hier breit gemacht und den Neandertaler schlichtweg verdrängt. Die beiden hätten also nichts gemeinsam.
Doch 2010 verglichen Wissenschaftler die DNA aus Neandertaler-Knochen mit der DNA moderner Menschen und entdeckten die Verwandtschaft:
Denn heute hat jede Person in Europa von nicht-afrikanischem Ursprung rund zwei Prozent der DNA mit dem Neandertaler gemeinsam.
Warum tragen nicht alle Frauen das Fruchtbarkeits-Gen in sich?
Insgesamt findet man in der europäisch-stämmigen Bevölkerung sogar rund ein Fünftel des Neandertal-Genpools wieder. Jede Person trägt aber andere Abschnitte des Neandertal-Genoms in sich. So kommt es auch, dass nur manche Frauen das besondere Gen erben.
Daraus schlussfolgern Anthropologen aber auch: Der steinzeitliche Beischlaf kann nicht nur ein One-Night-Stand gewesen sein. Homo sapiens und Neandertaler müssen eine längere Affäre miteinander gehabt haben, damit so ein umfassender Gen-Austausch überhaupt möglich war. "Das Gen wirkt vor allem im Uterus, deshalb hat es auch keine Auswirkungen auf Männer", so Hugo Zeberg.
An weiteren Folgen der Neandertaler-Abstammung wird geforscht, sie sind aber bislang nicht bekannt. Alle Nachkommen der Neandertaler kann der Forscher außerdem beruhigen: Äußerlich mache sich die Abstammung nicht bemerkbar.