Die dunkle Zeit des Jahres bedeutet für Menschen, die auf der Straße leben, Lebensgefahr. Nun schlagen die Kleiderkammern Alarm. Es fehlt an warmer Kleidung, Schlafsäcken, Zelten.
Für Menschen, die auf der Straße leben, beginnen harte und lebensgefährliche Monate.
Im großen Lager des gemeinnützigen Hamburger Vereins Hanseatic Help geht es geschäftig zu. Zwischen hohen Regalen, in denen sich Hosen, Pullover, Jacken und Schuhe stapeln, wuseln Mitarbeitende durch die Gänge.
Mehrere Festangestellte und rund 100 Ehrenamtliche nehmen eingehende Kleider- und Hygienespenden an, sortieren sie und verpacken benötigte Artikel in große Kartons, um sie an mehr als 200 soziale Einrichtungen weiterzuleiten. Die geben gezielt Bestellungen auf, wissen welche Artikel und Größen gebraucht werden und in ihren Kleiderkammern fehlen.
Mangel Winterkleidung
Malte Wittmann von Hanseatic Help erklärt, dass die hohe Nachfrage - trotz des auf den ersten Blick gut gefüllten Lagers - nicht ausreichend bedient werden kann. Es fehlen insbesondere Isomatten, Schlafsäcke und Zelte. Die werden normalerweise bei Musikfestivals gesammelt, die in den letzten zwei Jahren aufgrund der pandemischen Lage aber ausgefallen sind.
Warme Kleidung, Schlafsäcke und Isomatten für Obdachlose sind in diesem Jahr Mangelware, sagen Hilfsorganisationen.
Hoher Schlafsackverschleiß
Beim CaFée mit Herz, einer Anlaufstation für arme, arbeits- und obdachlose Menschen auf St. Pauli, wurden im vergangenen Jahr mehr als tausend Schlafsäcke und Isomatten ausgegeben. Menschen, die auf der Straße leben, haben keine Möglichkeit ihre Sachen zu waschen oder zu trocknen, sagt Geschäftsführerin Maike Oberschelp.
Betroffenen bleibt dann nur der Weg Nasses und Verschmutztes wegzuwerfen und sich in der Kleiderkammer neu einzudecken. Denn ist der Schlafsack oder die Kleidung nass, droht schon bei Temperaturen über dem Gefrierpunkt eine lebensbedrohliche Unterkühlung. Und so kommen manche gleich mehrmals in der Woche ins CaFée mit Herz.
Zahl der Bedürftigen wächst
Seit der Coronakrise verzeichnen die Kleiderkammern einen deutlichen Anstieg der Nachfrage. Hanseatic Help schätzt, dass der aktuelle Bedarf auf 30 Prozent über dem Vergleichswert zu vorpandemischen Zeiten angewachsen ist.
Immer häufiger kommen nicht nur Obdachlose, sondern auch Menschen, die in der Pandemie in Kurzarbeit geraten sind oder ihren Job ganz verloren haben. Gerade teure Winterbekleidung können sie sich nicht mehr leisten.
Ausmisten in der Pandemie
Der gestiegene Bedarf trifft auf ein gesunkenes Angebot. Viele Menschen nutzten die Zeit in Homeoffice und Lockdown zwar, um wieder Platz im Kleiderschrank zu schaffen. Gleichzeitig wurde weniger Neues angeschafft. So ist in diesem Jahr das Spendenvolumen deutlich geringer. Zu schaffen macht den Spendensammlern auch Qualität und Zustand der gespendeten Sachen.
Kaputtes oder Schmutziges muss aussortiert und entsorgt werden. Außerdem wird gerade viel Sommerkleidung abgegeben, die genauso wenig warm hält wie schicke Abendkleidung.
Die Lage spitzt sich zu
Da wo es aktuell den größten Mangel gibt, setzt Hanseatic Help Geldspenden ein, um dicke Winterschuhe oder Schlafsäcke zuzukaufen. Denn eines ist klar, die nasse und kalte Jahreszeit hat gerade erst begonnen und für die, die auf der Straße leben, wird es jetzt erst richtig hart.
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