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Fischsterben in der Oder : Warum das Rätsel so schwer zu lösen ist

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Tonnenweise toter Fisch in der Oder und noch immer ist die Ursache nicht geklärt. Der Grund: Bei hunderten Möglichkeiten ist das die Suche nach der Nadel im Heuhaufen.

Über 500 Kilometer treiben Tausende tote Fische in der Oder. Auffallende Werte, etwa bei Sauerstoff (überhöht), pH-Wert (ebenfalls zu hoch) oder beim Nitrat-Stickstoff-Gehalt (zu niedrig). Und eine giftige Algenart, die sich rasant entwickelt hat. Viele Rätsel umgeben das Sterben der Flussbewohner. Eine schlüssige Erklärung gibt es aber noch immer nicht.

Hunderte Stoffe werden analysiert

Das Problem: Ohne genauere Anhaltspunkte, um welchen Giftstoff es sich handeln könnte, haben es die Labore schwer. Bei der Suche gibt es üblicherweise zwei Strategien, erklärt Prof. Jörg Oehlmann, Ökotoxologe an der Universität Frankfurt am Main. Bei der "Target-Analytik" werden Wasserproben und Fischgewebe auf bis zu 600 Verdachtsstoffe analysiert. Derzeit sind es im Fall der Oder etwa 300.

Das Risiko ist jedoch groß, dass angesichts von rund 350.000 Substanzen im weltweiten Gebrauch die verantwortliche Chemikalie dabei nicht abgedeckt ist.
Prof. Jörg Oehlmann, Universität Frankfurt am Main

Eine Variante sei die "Non-Target-Analytik", also die Suche nach ungewöhnlichen Mustern in den Proben. "Dabei ist jedoch die Identifizierung der Chemikalie, die sich hinter einem auffälligen Peak verbirgt, sehr zeitaufwendig", sagt Oehlmann dem Wissenschaftsredaktionsdienst SMC.  So etwas dauere typischerweise bis zu mehrere Wochen.

Analyse von Vergiftungserscheinungen

Bei der zweiten Strategie werden die Vergiftungssymptome der Tiere ausgewertet. So einen Giftstoff zu finden, gehe üblicherweise schneller und dauere bis zu fünf Arbeitstage. "Bei beiden Strategien ist es jedoch essenziell, dass 'frische' Proben verfügbar sind, weil Verdachtssubstanzen möglicherweise schnell abgebaut und dann nicht mehr nachweisbar sind."

Heißt: Bei Fischen, die schon einige Tage tot im Wasser lagen, ist das schwierig. So sieht das auch die Ökologin Prof. Rita Triebskorn von der Universität Tübingen. "Im aktuellen Fall frage ich mich, ob es in den betroffenen Gewässerabschnitten an der Oder noch lebende Tiere - nicht nur Fische - gibt".

Chemiecocktail in deutschen Gewässern

Das große Problem für die Labore ist, dass unklar ist, was genau an welchen Stellen in den Fluss gelangt sein könnte. Und ob es überhaupt eine einzelne zusätzliche Einleitung eines Giftstoffes war. In vielen Gewässern seien die Tiere ohnehin schon durch einen Chemiecocktail, durch hohe Temperaturen und andere Faktoren belastet. Vor diesem Hintergrund sagt die Expertin:

Dieses Überlaufen des Fasses geschieht meines Erachtens an der Oder gerade vor dem Hintergrund des extremen Niedrigwassers, da hierdurch die Stoffkonzentrationen steigen und mögliche zusätzliche Stoffeinleitungen - aus noch unbekannten Quellen - jetzt durchschlagen.
Prof. Rita Triebskorn, Universität Tübingen  

Kritik hagelt es gleich von mehreren Seiten, am Informationsfluss und an der Zusammenarbeit deutscher und polnischer Behörden. Auch das ist ein möglicher Grund dafür, dass sich die Aufklärung des Fischsterbens verzögert. "Es ist Tatsache, dass sechs Tage, bevor bei uns Fische gestorben sind, Fische in Polen gestorben sind - und wir wurden nicht informiert", bemängelt Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD).

Gab es illegale Einleitungen in die Oder?

Auch der Umweltverband WWF fordert künftig völlige Transparenz und von Polen und Deutschland Aufklärung darüber, welche Chemieabfälle in die Oder geleitet worden seien. "Die Behörden können auf die wichtigsten Fragen zur Oder-Katastrophe bislang keine Antwort geben", sagt Finn Viehberg vom WWF. Polnische Behörden ermitteln zwar gerade, ob es möglicherweise illegale Einleitungen gab, bisher allerdings ohne Ergebnis.  

Dass die Ursache immer noch nicht bekannt ist, zeige auch die bestehenden Defizite beim Gewässerschutz sehr deutlich, kritisiert Rainer Keller, der in der SPD-Bundestagsfraktion für das Thema zuständig ist. "Um die Oder zukünftig besser vor Verunreinigungen zu schützen, braucht es neben einer konsequenten Unterbindung illegaler Stoffeinträge auch ein länderübergreifendes, engmaschiges Kontrollsystem, welches Daten in Echtzeit liefert." Am Rhein gebe es so etwas bereits.

Mark Hugo ist Redakteur in der ZDF-Umweltredaktion

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