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Russische Priester für Frieden : "Kein Christ kann Kriegs-Unterstützer sein"

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Während das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche den Krieg unterstützt, predigen Priester wie Georgi Edelstein für Frieden. Ein Bericht von einem Ostergottesdienst in Russland.

Ostergottesdienst in der Christ-Erlöser-Kathedrale in Moskau
Ostergottesdienst in Moskau
Quelle: Reuters/Maxim Shemetov

Es ist schon dunkel, als Priester Georgi Edelstein die kleine Oster-Prozession aus der Kirche in Novo-Bely Kamen auf die Straße führt. Es ist ein kleines Dorf knapp 400 Kilometer nordöstlich von Moskau. Normalerweise kommen zum wichtigsten orthodoxen Gottesdienst des Jahres 20 Gemeindemitglieder. Heute sind 50 da.

Sogar aus Moskau sind einige gekommen. Das liegt vor allem an Georgi Edelstein. Denn für russische Verhältnisse spricht er sich recht deutlich gegen den Krieg in der Ukraine aus. "Bei jedem Gottesdient beten wir für den Frieden. Für den Frieden auf der ganzen Welt. Wenn jemand Christ ist, kann er kein Unterstützer des Krieges sein."

Georgi Edelstein beim Gottesdienst
Georgi Edelstein beim Gottesdienst. Im Gegensatz zu Patriarch Kirill I. unterstützt er nicht den Ukraine-Krieg.
Quelle: ZDF

Geldstrafen für Diskreditierung russischer Soldaten

Diese Worte sind gefährlich in Russland in diesen Tagen. Vor sechs Wochen wurde im Nachbardorf Karabanowo Pater Ioann Burdin mit einer Geldstrafe von 35.000 Rubel, umgerechnet circa 410 Euro, belegt - weil er die russischen Streitkräfte diskreditiert haben soll.

Burdin hatte in einer Predigt und einer Antikriegspetition an das christliche Gebot "Du sollst nicht töten" erinnert. Ioann Burdin und Georgi Edelstein sind Freunde. Auch Burdin ist heute Abend da, obwohl er nach dem Prozess von seinem Priesteramt zurückgetreten ist. Freiwillig, wie er sagt.

Gemeinde von Novo-Bely Kamen bei der Osterandacht
Gemeinde von Novo-Bely Kamen bei der Osterandacht
Quelle: ZDF

Orthodoxe Priester werden unterdrückt

Die staatliche Unterdrückung macht auch vor orthodoxen Priestern nicht Halt. Das hat einen Grund. Gegen die sogenannte militärische Spezialoperation zu predigen, heißt auch, sich gegen die offizielle Linie der russisch-orthodoxen Kirche zu wenden. Denn der Patriarch von Moskau, Kirill I., ist ganz auf Linie des Kremls.

Kirill I., der mit weltlichem Namen Wladimir Michailowitsch Gundjajew heißt, kommt wie Wladimir Putin aus St. Petersburg und soll wie der russische Präsident früher beim sowjetischen Geheimdienst gearbeitet haben. "Kirill sieht sich als Staatsbeamter, nicht als Vertreter oder Oberhaupt von Gläubigen. Das ist sein Hauptwesenszug", sagt Stanislaw Belkowskij, politischer Analyst aus Moskau, der die russisch-orthodoxe Kirche und ihre Verbindungen in die Politik gut kennt.

Seine Haltung zum Krieg formuliert Patriarch Kirill recht klar und offen: Er unterstützt ihn vollkommen.
Stanislaw Belkowskij, politischer Analyst aus Moskau

Wird der Krieg die russisch-orthodoxe Kirche schwächen?

In der Ukraine wollen sie mit dem Kreml-nahen Patriarchen schon länger nichts mehr zu tun haben. 2018 kam es zum Bruch. Mehrere orthodoxe Kirchen fusionierten zur orthodoxen ukrainischen Kirche und sagten sich vom Moskauer Patriarchat los. Kirill erkennt diesen Schritt nicht an.

Seit dem 17. Jahrhundert sind die orthodoxen Gläubigen Teil des Moskauer Patriarchats. Stanislaw Belkowskij ist sich sicher, dass der Ukraine-Krieg die russisch-orthodoxe Kirche massiv schwächen wird. "Sie werden sicher ihren ukrainischen Teil verlieren. Es ist nicht vorstellbar, dass sich die ukrainisch-orthodoxe Kirche in der Hierarchie Teil des Moskauer Patriarchats bleibt, nach all dem, was geschehen ist."

Kirill I.: Krieg ist Kampf gegen das Böse aus dem Westen

Andere Teile könnten folgen. Denn zum Moskauer Patriarchat gehören zum Beispiel auch die autonomen Kirchen von Moldau. Kirill steht jedenfalls unter Druck.

Vielleicht auch deswegen bezeichnete er den Krieg in der Ukraine kürzlich als metaphysischen Kampf des Guten gegen das Böse aus dem Westen. Anfang April hielt er einen Gottesdienst in der Hauptkirche der Streitkräfte in Kubinka ab. Dort forderte er die Truppe auf, ihren Eid zu erfüllen. Sie sollten bereit sein, ihr Leben für ihre Nächsten zu geben, wie es die Bibel besage. Eine Botschaft gegen Krieg und für Frieden sieht anders aus.

Georgi Edelstein will weiter für den Frieden predigen

Nachdem Priester Georgi Edelstein die Prozession einmal um die Kirche geführt hat, beginnt um Mitternacht der Gottesdienst. Gemeinsam beten sie in der kleinen Kirche für den Frieden. Vor dem Staat und der Unterdrückung habe er keine Angst, sagt er. "Wenn sie mich rauswerfen, gehe ich. Aber ich liebe meine Heimat. Wo soll ich denn hin?" Deswegen wird er weiterpredigen. Für Frieden und gegen den Krieg.

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