Halle Berry ist die einzige Afro-Amerikanerin, die den Oscar als Hauptdarstellerin gewonnen hat. Das hat Hollywood-Türen geöffnet für schwarze Frauen - aber nicht genügend.
Überwältigt von Gefühlen umklammerte Schauspielerin Halle Berry am 24. März 2002 ihre Oscar-Trophäe und hielt eine tränenreiche Dankesrede. Dieser Moment, so sagte Berry damals, sei allen namenlosen farbigen Frauen gewidmet, die nun auch eine Chance hätten. Weil ihr Oscar-Gewinn für "Monster's Ball", so die Hoffnung, eine Tür geöffnet hätte. Ein Wunsch, der sich zwei Jahrzehnte später nur teilweise erfüllt hat.
Halle Berry wird auch nach der 94. Oscar-Verleihung die einzige schwarze Schauspielerin bleiben, die den wichtigsten Filmpreis der Welt für eine Hauptrolle gewinnen konnte. In diesem Jahr sind mit Ariana DeBose ("West Side Story") und Aunjanue Ellis ("King Richard") überhaupt nur zwei schwarze Schauspielerinnen nominiert. Beide in der Kategorie "Beste Nebendarstellerin".
Halle Berry: Veränderung ja, aber nicht genug
Seit ihrem Oscar-Triumph vor 20 Jahren hat sich einiges verändert für Hollywoods Afro-Amerikanerinnen. Aber in den Augen von Berry nicht genug. Vanity Fair sagte sie:
Die Realität sieht anders aus: Es dauerte ganze acht Jahre, bis mit Gabourey Sidibe ("Precious") erstmals seit Halle Berry wieder eine schwarze Frau in der Kategorie "Beste Darstellerin" nominiert wurde. Nur sechs Afro-Amerikanerinnen waren es überhaupt seit 2002.
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Academy: 1.800 schwarze Mitgliederinnen
Die Aktivistin April Reign, Gründerin der Protestaktion #OscarsSoWhite, kritisiert eine anhaltend einseitige Sichtweise bei den Mitgliedern der Academy, dem Ausrichter der Oscars: "Die Tatsache, dass nur dann für schwarze Schauspielerinnen gestimmt wird, wenn diese traumatisierte oder extrem leidende Frauen verkörpern, sagt einiges über die Oscar-Wähler aus."
Die Academy hat auch auf Druck von #OscarsSoWhite Statuten auf vielen Ebenen geändert. So wurde seit 2016 die Zahl farbiger Mitgliederinnen auf 1.800 verdreifacht. Dennoch kritisiert Reign:
- Favorit bei Oscars: "Power of the Dog"
Das Rennen um die Oscars läuft. Top-Favorit ist ein düsterer Western. Maria Schraders "Ich bin dein Mensch" wurde nicht nominiert - dafür hat ein anderer Deutscher Chancen.
Viola Davis: Nicht genug gute Rollen für Schwarze
Oscar-Gewinnerin Viola Davis ("Fences") bemängelt, es gäbe nicht genug attraktive Rollen für Afro-Amerikanerinnen. Mary J. Blidge fordert: "Wer immer die Jobs vergibt, muss in uns einfach Schauspielerinnen sehen - nicht schwarze Schauspielerinnen."
Eine Studie der "Annenberg Inclusion Initiative" unter der Leitung von Dr. Stacy L. Smith kam zu dem Ergebnis, dass es zwischen 2007 und 2019 keine bedeutende Zunahme von Hauptrollen für schwarze Schauspielerinnen in Topfilmen gab. Und: Nur 13 schwarze Frauen führten Regie bei den 1.300 Topfilmen der vergangenen 13 Jahre.
Gleichstellung nicht auf allen Ebenen
Der Streamigdienst Netflix bemüht sich um Veränderung: Mittlerweile sind bei 21,4 Prozent aller Netflix-Filme schwarze Frauen in einer Haupt- oder Nebenrolle zu sehen. Laut dem "Geena Davis Institute" stellten schwarze Schauspielerinnen in Topfilmen zuletzt gerade mal 3,7 Prozent der Casts. Dr. Stacy L. Smith erklärt:
Hollywood bewegt sich, scheint sich aber nach wie vor schwer zu tun mit Gleichstellung auf allen Ebenen. Oscar-Gewinnerin Octavia Spencer ("The Help") machte öffentlich, dass sie für einen Film mit Schauspielerin Jessica Chastain fünfmal weniger an Honorar geboten bekam wie ihre weiße Kollegin. Chastain setzte gleiche Bezahlung für Spencer durch.
Schauspielerin/Regisseurin über das komplexe Verhältnis der Geschlechter im Filmbusiness
Halle Berry: Konnte andere schwarze Frauen inspirieren
Für Rashad Robinson von der Organisation "Color of Change" fühlt es sich so an, als würden Entscheidungsträger in Hollywood mit der Besetzung schwarzer Frauen in erster Linie eine Diversitäts-Quote erfüllen wollen. Berry sieht hingegen auch positive Veränderungen:
Sie glaubt gar, ihr Oscar-Triumph habe durchaus schwarze Frauen inspiriert, etwas erreichen zu können. Sie benennt Ava DuVernay, Lena Waithe, Viola Davis und Regina King als positive Beispiele für schwarze Frauen, die etwas wagen und dabei erfolgreich sind.
Hoffnungsvolle neue Frauen-Generation
Man könnte diese Liste getrost noch um Namen wie Shonda Rhimes, Zendaya, Cynthia Erivo, Octavia Spencer, Lupita Nyong'o, und Taraji P. Henson ergänzen. Sie alle haben sicher auf die eine oder andere Weise von Halle Berrys Oscar-Gewinn profitiert - und ihrerseits auch selbst Türen geöffnet für andere schwarze Künstlerinnen.