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Der Papst und der Ukraine-Krieg : Franziskus zwischen den Fronten

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Der Papst verurteilt den Krieg in der Ukraine scharf, vermeidet aber, Russland und Präsident Putin als Urheber zu benennen. Damit stößt er auf Unverständnis.

Papst Franziskus: Generalaudienz in der Vatikanischen Audienzhalle Paul VI. am 13.04.2022
Papst Franziskus: Generalaudienz in der Vatikanischen Audienzhalle Paul VI. am 13.04.2022
Quelle: dpa

Der Papst hat keine Divisionen. Ihm bleiben allein Worte und Gesten sowie die moralische Autorität seines Amtes. Wie schon in anderen Situationen wählt Franziskus beim Umgang mit dem Krieg in der Ukraine einen eigenen Weg. Er lässt keinen Zweifel, dass er diesen aufs Schärfste verurteilt. Doch bleibt er zurückhaltend, die Verantwortlichen zu benennen.

Er setzt auf ungewöhnliche Zeichen. Etwa als er am Tag nach Kriegsbeginn mit den diplomatischen Gepflogenheiten brach. Statt den russischen Botschafter beim Heiligen Stuhl in den Vatikan einzubestellen, um gegen den Krieg zu protestieren, wurde der Papst persönlich in der Residenz des Botschafters vorstellig. Damit wollte er die Dringlichkeit seines Anliegens unterstreichen: "Stoppt den Krieg und kehrt zur Diplomatie zurück!"

Franziskus: "Infantile und zerstörerische Aggression"

In seinen Worten ist Franziskus von Anfang an klar. Wer Krieg anzettele, vergesse die Menschlichkeit, verlasse sich auf "die teuflische und perverse Logik der Waffen". Mit Fortdauer des Krieges werden die Worte drastischer. Ende März spricht er von der "Bestialität des Krieges", der ein "barbarischer und gotteslästerlicher Akt" sei, Anfang April von "infantiler und zerstörerischer Aggression".

Auf die Frage, ob es einen gerechten Krieg geben könne, lässt er sich nicht ein. Krieg ist aus seiner Sicht immer eine Niederlage. Man dürfe nichts unversucht lassen, um Brücken zu bauen, müsse immer den Dialog suchen.

Zurückhaltung, wenn es um Putin geht

Diese Haltung zieht sich wie ein roter Faden durch das Pontifikat von Papst Franziskus. Daher ist es aus seiner Sicht konsequent, dass er sich in der Rhetorik mit Blick auf Schuldzuweisung an den russischen Präsidenten zurückhält. Das gilt auch für das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche. Mitte März machte Franziskus in einer Videokonferenz mit Patriarch Kyrill I. deutlich, dass er das Agieren des Patriarchen missbilligt.

Doch öffentlicher Tadel kommt ihm nicht über die Lippen. Vielmehr plant Franziskus, Kyrill I. Mitte Juni in Jerusalem zu treffen. Die Planungen sind weit fortgeschritten. Der Papst hofft, in persönlichen Gesprächen etwas bewirken zu können.

Papst geißelt die Sünde - nicht den Sünder

Seine Kritiker werfen ihm Naivität vor und sehen eine Begegnung der beiden Kirchenführer angesichts der Unterstützung des Patriarchen für die Politik Putins derzeit als unangebracht. Dass Franziskus an seiner Forderung nach Abrüstung festhält, halten sie ebenso für einen Fehler wie seine zurückhaltende Rhetorik gegenüber Russland. Der Papst wiederum sieht sich in einer Vermittlerrolle. Deshalb geißelt er die Sünde, aber nicht den Sünder.

Der Vatikan trat zuletzt unter Franziskus wieder verstärkt in politischen Konflikten als Mediator auf. Die Annäherung etwa zwischen den USA und Kuba unter US-Präsident Barack Obama ist maßgeblich auf päpstliche Initiative möglich gewesen. Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, der Chefdiplomat des Papstes, bot wiederholt die Vermittlung des Vatikans im aktuellen Krieg an. Er stellte auch klar, dass Waffenlieferungen möglich sind, damit die Ukraine sich verteidigen kann.

Papst-Reise nach Kiew nicht ausgeschlossen

Franziskus konzentriert sich darauf, Brücken zu bauen, versucht Türen des Dialogs zu öffnen. Deshalb ist aktuell eine Reise nach Kiew schwierig, weil sie als klare Parteinahme gedeutet werden könnte. Doch ausgeschlossen ist es nicht, dass der Papst dorthin reist. Er ist für ungewöhnliche und überraschende Aktionen bekannt.

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Dass sein Weg der Vermittlung extrem schwierig ist, zeigt sich schon in kleinen Dingen. Als etwa bekannt wird, dass beim traditionellen Kreuzweg am Kolosseum am Karfreitag eine russische und eine ukrainische Frau gemeinsam das Kreuz tragen sollen, regt sich heftiger Widerstand von ukrainischer Seite. Die Idee sei zweideutig, so der griechisch-katholische Erzbischof von Kiew, Swjatoslaw Schewtschuk, da sie "den Kontext der militärischen Aggression Russlands gegen die Ukraine" nicht berücksichtige.

Ein Papstvertrauter verteidigte die geplante Geste. Franziskus sei Seelsorger, nicht Politiker, erklärte der Jesuitenpater Antonio Spadaro. "Er handelt im Geist des Evangeliums und der Versöhnung, auch gegen jede sichtbare Hoffnung."

Mehr Hintergründiges und Interessantes aus dem Vatikan lesen Sie im Vatikan-Blog "Papstgeflüster".

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