Bei einer Parodontitis sind nicht nur Gebiss und Kiefer betroffen. Welche Folgen die akute oder chronische Entzündung des Zahnhalteapparates auf den ganzen Körper haben kann.
Schätzungsweise 35 Millionen Menschen sind in Deutschland von einer Parodontitis betroffen. Vermutlich liegt die Dunkelziffer jedoch weit höher, denn vor allem die chronische Entzündung im Mundraum wird oft viel zu spät diagnostiziert.
Bakterien streuen über Blutbahn in gesamten Körper
Die Gefahren durch eine chronische Parodontitis sollten nicht unterschätzt werden. Darauf weist Nicole Arweiler, Direktorin der Abteilung für Parodontologie der Philipps-Universität Marburg, hin:
Schreitet die Zerstörung des Zahnhalteapparates unbehandelt fort, droht langfristig nicht nur der Zahnverlust. Die chronische Entzündung des Mundraums kann Folgen für den gesamten Organismus haben.
Hoher Zucker - lockere Zähne: ein gefährliches Duo. Melanie Grode leidet an Diabetes vom Typ1. Bei der 35-Jährigen wurde zudem eine weit fortgeschrittene Parodontitis festgestellt.
Parodontitis kann Gefahr für Herzklappen sein
Es gibt zum Beispiel Hinweise, dass durch die Parodontitis die Gefahr einer bakteriellen Besiedlung der Herzklappen mit den Folgen einer Herzmuskelentzündung besteht. Auch sei das Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall erhöht, erklärt die Expertin.
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Risiko für schwere Verläufe von Rheuma, Bluthochdruck steigt
Neben Herz-Kreislauf-Erkrankungen besteht bei einer chronischen Entzündung des Mundraums ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf von chronischen Atemwegserkrankungen, Rheuma, Osteoporose und Bluthochdruck. Auch Einflüsse auf Demenz und Parkinson werden in der Fachwelt diskutiert. Besonders gut sind mögliche Zusammenhänge zwischen Parodontitis und Diabetes wissenschaftlich belegt.
Wie Karies entsteht und was die Zahnbürste damit zu tun hat!
Botenstoffe können Blutzuckerspiegel beeinträchtigen
Durch die chronischen Entzündungen der Parodontitis werden Botenstoffe in den Körper freigesetzt, die negative Folgen auf den Blutzuckerspiegel haben können. Dadurch steigt die Gefahr für diabetische Komplikationen.
Umgekehrt löse beim Diabetes das überzuckerte Blut, wenn es in die Zahnfleischtaschen hineinkommt, noch mal weitere Entzündungen aus, erläutert Arweiler.
Interdisziplinäre Zusammenarbeit bei Parodontitis stärken
Obwohl die Wechselwirkungen einer Parodontitis mit anderen Erkrankungen unter Experten bekannt sind, sieht Nicole Arweiler Aufholbedarf - sowohl in der Aufklärung als auch in der interdisziplinären Zusammenarbeit.
"Ich glaube, wir müssen überall noch das Bewusstsein stärken, nicht nur in der Bevölkerung, sondern eben auch in den verschiedenen Fachdisziplinen, bei den Parodontologen oder Zahnärzten, bei den Internisten und den Diabetologen", erklärt Arweiler. Der Diabetologe könne Parodontitis vielleicht früh erkennen und den Patienten zum Zahnarzt schicken.
Neben der täglichen Zahnhygiene ist auch der regelmäßige Zahntaschen-Check beim Zahnarzt wichtig. Denn Parodontitis entsteht dort, wo die Zahnbürste nicht hinkommt.
Oft keine Schmerzen bei Zahnfleischentzündung
Vielen Betroffenen sei die Existenz einer Parodontitis gar nicht bewusst, obwohl die Entzündung in der Mundhöhle bereits in vollem Gang ist. Das Dilemma: Im Gegensatz zu einer Karieserkrankung oder einem abgebrochenen Zahn träten bei der Parodontitis zunächst keine Schmerzen auf. Man erkenne zwar schnell ein Loch im Zahn, aber eine Parodontitis werde meist zu spät diagnostiziert, mahnt Arweiler.
Die Erkrankung verlaufe lange Zeit unbemerkt im Verborgenen, tief in den Zahnfleischtaschen. Um eine Parodontitis zu erkennen, sei ein aufwändiges Messen der Zahnfleischtaschen erforderlich, doch fehle für diese Sondierungsmaßnahme häufig das Bewusstsein, erläutert die Expertin.
Eine gute Zahnbürste und die richtige Putztechnik sind nötig, um Zähne frei von Resten zu bekommen. Vor allem elektrischen Zahnbürsten wird diese Reinigungskraft zugeschrieben.