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Verurteilt wegen Volksverhetzung : "Genderdreck": Pfarrer legt Berufung ein

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Wegen umstrittener Äußerungen über die LGBTQ-Community wurde ein strenggläubiger evangelischer Pastor in Bremen verurteilt. Jetzt startet die Berufung vor dem Landgericht.

Olaf Latzel, Pastor der Bremer St. Martini-Gemeinde, steht am 08.02.2015 in Bremen nach seinem Sonntags Gottesdienst in der St. Martini Kirche.
Olaf Latzel, Pastor der evangelischen St.-Martini-Kirche in Bremen (Archivbild)
Quelle: dpa

Nein, alltäglich ist es nicht, dass ein Theologe auf einer irdischen Anklagebank Platz nehmen muss. Doch Olaf Latzel, 55-jähriger Pastor der Bremer reformierten St.-Martini-Gemeinde – er muss sich vor dem Landgericht Bremen verantworten. Wegen Äußerungen in einem "Eheseminar" seiner Gemeinde am 19. Oktober 2019, die mitgezeichnet und später mit Latzels Einverständnis auf seinem Youtube-Kanal als Audiomitschnitt veröffentlicht wurden. Da soll er gesagt haben:

Der ganze Genderdreck ist ein Angriff auf Gottes Schöpfungsordnung, ist zutiefst teuflisch und satanisch.
Olaf Latzel, Pastor

Und weiter sagte er: "Ich komme nochmal später drauf, Homosexualität, dass das alles Degenerationsformen von Gesellschaft sind, die ihre Ursache darin haben, in der Gottlosigkeit […] Diese Homo-Lobby, dieses teuflische, kommt immer stärker, immer massiver, drängt immer mehr hinein. Das ist so sukzessive, die fressen immer ein Ding, immer mehr weg […]"

Echt überall laufen diese Verbrecher rum, von diesem Christopher Street-Day, feiern ihre Partys.
Olaf Latzel, Pastor

Anklage wegen Volksverhetzung

Für die Staatsanwaltschaft Bremen erfüllen diese Äußerungen den Straftatbestand der Volksverhetzung. Die Bezeichnung Homosexueller als Verbrecher verletze deren Menschenwürde. Pastor Latzel habe mit seinen Äußerungen öffentlich zum Hass aufgestachelt. Es kommt im November 2020 zum Prozess vor dem Amtsgericht Bremen. 10.800 Euro Geldstrafe fordern die Ankläger – wegen Volksverhetzung.

Die Verteidigung von Pastor Latzel hält entgegen: Die Staatsanwaltschaft habe gezielt die Öffentlichkeit getäuscht und kein faires Verfahren durchgeführt. Pastor Latzel habe nicht abfällig über alle Homosexuelle oder über Einzelne gesprochen, sondern nur die aktuelle "politische Strömung" kritisiert. Das Amtsgericht folgt der Staatsanwaltschaft, verhängt am Ende wegen Volksverhetzung eine Geldstrafe von 8.100 Euro. Dagegen legt Pastor Latzel Berufung ein.

EKD und BEK stellen sich gegen Latzel

Schon nach Beginn der Strafermittlungen hatte die Bremische Evangelische Kirche (BEK) ein Disziplinarverfahren gegen ihren Pastor eingeleitet, das aber bis zu einem rechtskräftigen Urteil ruht.

Der damalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, hatte Latzels Äußerungen als "unerträglich" bezeichnet.

 

Jesus steht für eine radikale Menschenliebe. Sie ist das genaue Gegenteil der Intoleranz, die aus den Worten von Olaf Latzel spricht.
Heinrich Bedford-Strohm, ehemaliger Ratsvorsitzende der EKD

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Vor dem Verfahren vor dem Landgericht Irritationen

Ab heute will eine Berufungskammer des Landgerichts Bremen an vier Prozesstagen ausführlich verhandeln. Schon vor dem Termin sorgte die Kammer für zwei Irritationen, denn sie beauftragte vorab zum einen ein Gutachten zur Frage, was denn die Bibel zu Gender-Theorie und Homosexualität sagt.

Auf Vorschlag des Angeklagten wurde zweitens der freikirchliche Gießener Theologieprofessor Christoph Raedel beauftragt. Der hatte einst öffentlich erklärt, dass Homosexualität nicht mit der kirchlichen Lehre vereinbar sei und als Sünde bezeichnet werden müsse.

Nicht nur die Person des Gutachters, auch die Fragestellung des Gerichts verwundert. Denn was die Bibel dazu sagt, sei im säkularen Rechtsstaat keine sinnvolle Fragestellung für ein Gutachten, sagt Kirchenrechtler Hans Michael Heinig.

Bei einer Volksverhetzung gegen Juden kommt es ja auch nicht ernsthaft darauf an, ob der antisemitische Täter weltanschauliche Gründe hat und sich auf die Weltanschauungsfreiheit berufen kann.
Hans Michael Heinig, Leiter des Kirchenrechtlichen Instituts der EKD

Und weiter: Es sei sicher "nicht ohne", den hier vorliegenden Sachverhalt unter die Tatbestandsmerkmale der Volksverhetzung zu subsumieren, aber "das ist juristisches Handwerk – nicht theologisches."

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2 min
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Zwischenzeitlich ist Gutachter Raedel von seinem Amt entbunden worden. Nicht nur, dass die Staatsanwaltschaft den freikirchlichen Theologen für befangen hielt, auch Raedel hat wegen des Wirbels um seine Person darum gebeten, nicht weiter tätig werden zu müssen. 

Mit Spannung wird nun erwartet, wie der Prozess vor dem Landgericht Bremen verläuft. Ein Urteil könnte am 20. Mai gesprochen werden.     

Christoph Schneider ist Redakteur in der ZDF-Redaktion Recht und Justiz.

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