Verhütung ist meistens noch immer Frauensache. Forschende in den USA haben nun offenbar eine neue Pille für Männer entwickelt. Ein Erfolg? Zwei Experten erläutern die Problematik.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den USA sprechen von einem möglichen Durchbruch: Ihnen sei die Entwicklung einer Antibabypille für den Mann gelungen, mit einer Wirksamkeit von 99 Prozent. Bislang gibt es jedoch noch keine vollständige Publikation der Studie, im Frühjahr wolle das Team die Ergebnisse präsentieren. Was ist also dran an der Hoffnung, dass es bald eine Pille für den Mann geben könnte?
US-Forschende testen nicht hormonelles Verhütungsmittel
Grundsätzlich sei spannend, dass die US-Forschenden von einer neuen, nicht hormonellen Verhütungsmethode für den Mann berichten, sagt Christian Leiber, Oberarzt für den Bereich Andrologie im Krankenhaus Maria-Hilf Alexianer GmbH Krefeld, Lehrkrankenhaus der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und Pressesprecher der Deutschen Gesellschaft für Andrologie.
Allerdings gibt er zu bedenken: Das Mittel wurde bis dato lediglich an Mäusen getestet. Daher sei unklar, inwiefern sich die Ergebnisse tatsächlich auf den Menschen übertragen ließen. "Bei Mäusen funktioniert zum Beispiel die Spermienbildung ganz anders", sagt auch Michael Zitzmann, Androloge und Endokrinologe vom Centrum für Reproduktionsmedizin und Andrologie am Universitätsklinikum Münster.
Pille für den Mann: Nebenwirkungen unklar
Hinzu komme, dass die Studie Nebenwirkungen bei Mäusen zwar ausschließe, doch auch dies nicht direkt auf den Menschen übertragen werden könne. Und: Eine Auskunft über längerfristige Nebenwirkungen gibt es überhaupt nicht.
Im Endeffekt sei die Darstellung der Studie also "überzogen positiv", sagt Leiber. Sie müsse erst fortgeführt werden und die nächsten Phasen durchlaufen, um fundierte Aussagen über diesen nicht-hormonellen Ansatz treffen zu können. Und das wiederum dürfte noch einige Jahre dauern, bestätigt auch Zitzmann.
Aber warum gibt es noch immer keine Pille für den Mann?
Die Bereitschaft von "jüngeren, aufgeklärten Männern - insbesondere in den westlichen Ländern - sei auf jeden Fall vorhanden", sagen die Experten. Doch die bisher getesteten Mittel seien fast ausschließlich hormonelle Präparate gewesen, mit zu vielen relevanten Nebenwirkungen bei höherer Dosierung. Stimmungsschwankungen bis hin zur Gewichtszunahme - Nebenwirkungen, unter denen auch Frauen leiden, die die Antibabyille einnehmen.
Strengere Zulassungsregeln als vor 60 Jahren
Die Anforderungen an Arzneimittel seien heute deutlich höher als 1961, als die Antibabypille für Frauen in Deutschland auf den Markt kam, sagen die Ärzte. Strengere Zulassungsregeln seien also auch ein Grund, weswegen es noch immer keine Pille für den Mann gebe.
Die Pillen-Präparate für Frauen seien hingegen stetig weiterentwickelt worden und schließlich gelten sie heute als das sicherste Verhütungsmittel, erklärt Leiber. Doch die Experten machen auch deutlich: Die Pille hat viele und "in Einzelfällen erhebliche Nebenwirkungen", insbesondere, wenn man über Risiken wie Thrombose nachdenke.
Frühere Studien wegen Nebenwirkungen abgebrochen
Deshalb sei es auch falsch, dass Männer Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen oder Übelkeit als Argumente gegen die Einnahme der Pille aufführen würden. Bisher sei das in einigen Studien allerdings das Problem gewesen - die Projekte wurden schließlich abgebrochen.
Hinzu kommt aber auch: "Bei den hormonell-basierten Präparaten war die Zuverlässigkeit letzlich nicht ausreichend", so Leiber. Und bisher fehle die Bereitschaft der Pharmariesen, entsprechende Projekte zur Forschung an der Pille für den Mann zu unterstützen.
Experten dennoch optimistisch
Mit Blick auf die Zukunft sind die Ärzte dennoch zuversichtlich, dass sich hinsichtlich Verhütungsmethoden einiges ändern werde.
Nicht zuletzt aber auch, weil das Bewusstsein und das Verständnis, dass Verhütung eben nicht nur Frauensache sei, immer größer werde - zumindest in der modernen, westlichen Welt.