Millionen Akten von Verfolgten des NS-Regimes sollen zentral und digital abrufbar sein. Heute startet das Portal Wiedergutmachung - es führt 100 Kilometer Aktenmaterial zusammen.
Millionen Akten von Verfolgten des NS-Regimes sollen künftig an zentraler Stelle und digitalisiert abrufbar sein. Am Mittwoch fiel im Rahmen eines Festaktes auf dem Petersberg in Königswinter bei Bonn der Startschuss für das Themenportal Wiedergutmachung.
Online-Portal soll Akten für Öffentlichkeit zugänglich machen
Das Portal werde 100 Kilometer Aktenmaterial zusammenführen, teilte das Bundesfinanzministerium anlässlich der Unterzeichnung einer Rahmenvereinbarung zu dem Portal mit. Dabei geht es um Entschädigungsanträge, die Holocaust-Überlebende nach dem Krieg einreichten. In den Akten sind nicht nur die Anträge enthalten, sondern auch die dazugehörigen Schilderungen des erlittenen Unrechts.
Sie sind heute bedeutende Zeitzeugnisse. Das Portal soll die über zahlreiche Institutionen im In- und Ausland verteilten Akten für Wissenschaftler, die interessierte Öffentlichkeit und Nachkommen von Verfolgten zugänglich machen. Für Wiedergutmachungsanträge in der Gegenwart ist das Portal nicht vorgesehen.
Das neue Angebot ist angesiedelt bei der Deutschen Digitalen Bibliothek im Archivportal-D, dem deutschen Online-Portal zur Recherche von Archivgut. Zu den Kooperationspartnern gehören die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Israel und das United States Holocaust Memorial Museum in Washington.
Lindner: "Einmaliges Dokumentenerbe"
In den rund sieben Jahrzehnten nach Ende des Zweiten Weltkriegs sei ein "einmaliges Dokumentenerbe" entstanden, so Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP).
Wie wichtig dies sei, zeige der Anstieg antisemitischer Straftaten in Deutschland. Die Holocaust-Überlebende Eva Umlauf zeigte sich entsetzt über diesen Anstieg wie auch über Verschwörungstheorien, die über Juden verbreitet würden.
In Hagen hat die Flut in einem Wohnhaus Tausende Nazi-Akten freigelegt: Bilder und Waffen, die hinter Wänden versteckt waren.
Aufschlüsse über Aufarbeitung von NS-Verbrechen
Zugleich erlaubten die Bestände Aufschlüsse über die Aufarbeitung von NS-Verbrechen in der deutschen Nachkriegsgesellschaft.
Die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts umfasst alle Maßnahmen, die zunächst unmittelbar nach Kriegsende in den westlichen Besatzungszonen und später durch die Bundesrepublik Deutschland unternommen wurden, um die Folgen nationalsozialistischer Verfolgung finanziell zu entschädigen und entzogene Vermögenswerte zurückzuerstatten.
Es sind oft die Überlebenden selbst, die gegen das Schweigen kämpfen, Bestrafung und Erinnern einfordern und die Folgen des NS-Regimes ins Bewusstsein der Öffentlichkeit bringen.
80 Milliarden Euro als Entschädigung ausgezahlt
Neben der Globalentschädigung für Israel und andere Staaten konnten Millionen verfolgter Opfer des Nationalsozialismus bis 1969 auf gesetzlicher Basis Entschädigungs- und Rückerstattungsanträge bei den zuständigen Ämtern der westlichen Bundesländer vorbringen.
Entschädigt wurden unter anderem Schäden an Leib und Leben sowie Wirtschaftsschäden. Rückerstattet wurden Vermögenswerte wie zum Beispiel Immobilien, Unternehmen, Wert- und Kunstgegenstände oder Barvermögen.
Bis jetzt wurden umgerechnet circa 80 Milliarden Euro an Wiedergutmachungsleistungen an die Opfer oder deren Hinterbliebene ausgezahlt.
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