In einem Potsdamer Wohnheim für Behinderte sind vier Bewohner getötet worden. Unter Verdacht steht eine langjährige Pflege-Mitarbeiterin. Am Abend wurde der Opfer gedacht.
Nach einem Tötungsdelikt an vier Einwohnern einer Potsdamer Behinderteneinrichtung ist eine tatverdächtige 51-jährige Mitarbeiterin in eine Psychiatrie eingewiesen worden. Das sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft in der brandenburgischen Hauptstadt nach der Vorführung beim Haftrichter. Es gebe bei der Frau "entsprechende Hinweise" auf eine psychiatrische Erkrankung.
Das Motiv blieb zunächst unklar. Die Staatsanwaltschaft hatte Haftbefehl wegen Totschlags gegen die Frau beantragt, wie Sprecherin Hanna Urban der Nachrichtenagentur AFP sagte. "Mordmerkmale liegen nicht vor."
"Schwere äußere Gewaltanwendung" bei allen Opfern
Bei der Einrichtung handelt es sich um zum Oberlinhaus zählenden Thusnelda-von-Saldern-Haus, in dem 65 Menschen mit Behinderung betreut werden und auch wohnen. Die Polizei entdeckte am späten Mittwochabend in verschiedenen Zimmern insgesamt vier Menschen mit tödlichen Verletzungen. Über die genaue Identität der Toten machten die Ermittler zunächst keine Angaben.
Die Verletzungen aller Opfer seien auf schwere äußere Gewaltanwendung zurückzuführen, erklärte die Polizei. Nach Informationen der "Bild"-Zeitung soll ein Messer die Tatwaffe gewesen sein. Neben den vier Getöteten sei ein schwer verletztes Opfer gefunden worden. Ob Lebensgefahr bestand, war zunächst nicht klar.
Woidke "tief betroffen und traurig"
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) äußerte sich "tief betroffen und traurig" über den Tod der Menschen:
In der von ihm sehr geschätzten Einrichtung lebten Menschen, die den Schutz besonders bräuchten - "umso erschreckender ist die Tat".
Schweigeminute und Andacht
Am Donnerstagabend wurde in der Einrichtung mit einer Andacht an die Opfer erinnert. Auch Ministerpräsident Woidke, Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne), Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) und der Landesbischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Christian Stäblein, nahmen daran teil.
Vor der Andacht legten sie vor dem Wohnheim Blumen nieder und verharrten dort in einer Schweigeminute.
Ohnmacht und Entsetzen im Oberlinhaus
Nach Angaben des Trägers lebten in der Einrichtung 65 Bewohner mit unterschiedlichen Behinderungen. Mehr als 80 Mitarbeiter kümmern sich um sie. Der theologische Vorstand des Oberlinhauses, Matthias Fichtmüller, sagte, wer in dem Haus wohne, habe dort seinen Lebensmittelpunkt. "Das ist die Familie."
Unter Mitarbeitern und Bewohnern des Heims sorge der Fall für Ohnmacht und Entsetzen. "Das hat uns schon die Beine weggehauen, das muss man ganz deutlich sagen", so Fichtmüller.