Zeitenwende in London: Erstmals hat Thronfolger Prinz Charles die Regierungserklärung zu Beginn der Sitzungsperiode im britischen Parlament verlesen. Elizabeth II. hatte abgesagt.
Beginn einer neuen Ära: Der britische Thronfolger Prinz Charles (73) hat erstmals die Regierungserklärung im Parlament in London verlesen. Mit der "Queen's Speech" wird traditionell eine neue Sitzungsperiode von Unter- und Oberhaus eingeläutet.
Die Zeremonie wird mit großem Pomp begangen und zählt zu den wichtigsten konstitutionellen Aufgaben der britischen Monarchie. Die Krone auf dem Kopf tragen durfte Prinz Charles dabei aber nicht. Das ist Privileg des Staatsoberhauptes. Sie wurde auf einem Kissen getragen.
Absage wegen Problemen mit der Mobilität
Die Queen hatte zuvor wegen Mobilitätsproblemen kurzfristig absagen müssen. Es ist das erste Mal seit 59 Jahren, dass Königin Elizabeth II. (96) nicht an dem sogenannten State Opening of Parliament teilnehmen kann.
"Ich weiß von einigen, die die Königin jüngst getroffen haben, dass sie eigentlich in guter Verfassung ist. Aber sie ist 96 Jahre alt", sagt Hugo Vickers, Biograf der Königsfamilie. Die Queen habe eine schwierige Zeit hinter sich. "Vor allem den Tod ihres Mannes vor einem Jahr."
Queen verpasste Regierungserklärung erst zweimal
Die Queen hat die Regierungserklärung erst zweimal verpasst - wegen Schwangerschaften. Erwartet wird, dass die inzwischen gebrechliche Monarchin die Aufgabe auch in Zukunft ihrem Sohn überlassen wird. In britischen Medien war bereits vom Beginn einer faktischen Prinzregentschaft unter Charles die Rede.
Zuletzt hörte man keine guten Nachrichten um Queen Elizabeth II., sie hatte sich weitestgehend zurückgezogen, Termine abgesagt. Nun empfängt sie wieder Gäste.
Begleitet wurde der Prince of Wales, der eine Admiralsuniform trug, von seiner Frau Herzogin Camilla (74) und seinem ältesten Sohn Prinz William (39). Neben Charles, der auf dem prachtvollen Thron Platz genommen hatte, war auf einem kleinen Tisch die glitzernde Staatskrone - Imperial State Crown genannt - platziert.
Charles verlas relativ zügig die 38 Gesetzesentwürfe, die die Regierung von Premierminister Boris Johnson im kommenden Jahr durchs Parlament bringen will. Politisch ist vieles beim Alten. "Für Wachstum sorgen, die Inflation bekämpfen", liest Prinz Charles aus dem Regierungsprogramm.
Verlesung als symbolischer Akt
Zum State Opening of Parliament versammeln sich die Mitglieder beider Kammern des Parlaments - Abgeordnete und Lords - im Oberhaus. Der konservative Johnson und Oppositionschef Keir Starmer von der Labour-Partei verfolgten den Vortrag schweigend vom hinteren Teil des Plenarsaals im Oberhaus.
Die britische Königsfamilie bleibt bei politischen Fragen neutral. Es ist nur ein symbolischer Akt, dass die Regierungserklärung vom Monarchen als Staatsoberhaupt verlesen wird. Geplant sind demnach unter anderem Gesetze, um die Folgen steigender Lebenshaltungskosten abzufedern, die Klimakrise zu bewältigen und Großbritannien weiter vom Orbit der Europäischen Union zu entfernen.
Queen Elisabeth II. ist die erste unter den Monarchen Englands, die das 70. Thronjubiläum erreicht. Groß gefeiert wird aber erst im Juni.